Abschied von Deutschland

Gut ausgebildete junge Migranten suchen immer häufiger im Ausland ihr Glück. Dabei könnte der Arbeitsmarkt sie gut gebrauchen.

Krefeld. Zuerst zögert Sümeyra Cücük (23) bei der Beantwortung der Frage, ob sie sich mit ihren türkischen Wurzeln und Kopftuch bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz benachteiligt fühle. Sie schüttelt den Kopf. „Auch nicht alle Deutschen bekommen einen Ausbildungsplatz.“

Dann aber, auf Nachfrage, fließen die Tränen. Sie schildert lebendig die vielfältigen Formen von Diskriminierung, denen sie in der Schule und bei der Suche nach einer Lehrstelle ausgesetzt war. „Egal ob mit oder ohne Kopftuch.“ Und sie findet für sich einen Entschluss: „Ich werde Deutschland nach meiner Ausbildung verlassen. Das steht fest.“

Sümeyra Cücük illustriert damit die Feststellung von Christoph Bönders (Grüne). Der Vorsitzende des städtischen Integrationsausschusses vertritt bei der Vorstellung der Lage der beruflichen Integration ausländischer Jugendlicher durch die Agentur für Arbeit die These: „Deutschland ist kein Ein- sondern inzwischen ein Auswanderungsland geworden.“

Er verweist dabei auf Untersuchungen, die ergeben hätten, dass viele der gut ausgebildeten Menschen mit nichtdeutschen Wurzeln unser Land verließen, obwohl sie für den hiesigen Arbeitsmarkt dringend gebraucht würden.

Deniz Güner, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde NRW, hatte erst in der vergangenen Woche vor dem Arbeitskreis Zuwanderung und Integration im Rathaus erläutert, dass Bewerber mit türkischem Hintergrund es siebenmal schwerer hätten als deutsche Jugendliche bei der Lehrstellensuche.

Ingo Zielonkowsky, Chef der Krefelder Agentur für Arbeit, betont die Stärken von hier aufgewachsenen jungen Migranten: „Zwei- und Mehrsprachigkeit, interkulturelle Kompetenz.“

Arbeitgeber sollten bei der Suche nach Nachwuchs nicht nur auf die Zeugnisse oder die Herkunft achten, sondern auch auf die persönlichen Eigenschaften des Bewerbers. Der Fachkräftemangel in den Betrieben sei nur über die Ausbildung von Migranten zu lösen. Zielonkowsky: „In 25 Jahren fehlen uns 25 Prozent der Fachkräfte. Die Unternehmen müssen langfristig denken. Das ist eine Überlebensfrage.“

Als Gastgeber stellt der Vorsitzende der Internationalen Krefelder Unternehmer (IKU), Aytac Aktas, am Dießemer Bruch fest, dass inzwischen fast alle Mitglieder der IKU Ausbildungsbetriebe seien.

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