Arbeitsgericht: Betriebsrat sieht TRW auf einem „Crashkurs“

Streit ums Hausrecht und Griff in Unterstützungskasse haben das Klima beim Automobilzulieferer verschärft.

Krefeld. Ziemlich baff war der Betriebsrat des in Gellep-Stratum ansässigen Herstellers für Auto-Lenksysteme, als das Unternehmen im Juni unter Berufung auf sein Hausrecht vier Kollegen aus dem französischen Schwesterwerk das Betreten des Betriebsratsbüros untersagte.

Die Arbeitnehmervertreter vertagten sich daraufhin in ein Hotel und diskutierten über den in Frankreich angekündigten Abbau von 135 Arbeitsplätzen.

Der hätte angeblich auf „nur“ 85 reduziert werden können, wenn Teile der Produktion von Krefeld und dem neuen tschechischen Schwesterwerk nach Frankreich verlegt würden. Die Kosten für die Anmietung des Besprechungsraumes trug gleichwohl der Arbeitgeber.

Am Freitag vor dem Krefelder Arbeitsgericht trafen sich die Parteien wieder. Betriebsratsvorsitzender Georg Nellen und Rechtsanwalt Christopher Koll wollen die Hausrechtsfrage grundsätzlich geklärt wissen, denn es werde auch in Zukunft zu persönlichen Treffen mit ausländischen Kollegen in Krefeld kommen. Der Betriebsrat pocht auf sein eigenes Hausrecht.

TRW-Personalleiter Lothar Neuenkamp stellte klar, dass es „nicht Absicht ist, Aufträge nach Frankreich abzugeben“. Mit dem Betretungsverbot des Gelleper Werksgeländes sollte verhindert werden, dass durch „Betriebsratstourismus politische Signale gesetzt werden“.

Auch für das TRW-Management gelte „ein fast absolutes Reiseverbot“. Für die Kommunikation zwischen den Betriebsräten gebe es ja Telefon und Internet. Karola Dicks-Hell, Vorsitzende der zweiten Kammer des Krefelder Arbeitsgerichtes, wird die juristisch höchst interessante Hausrechts-Entscheidung am 18. November um 9.30 Uhr verkünden.

Auf „Crash-Kurs“ gegen die Arbeitnehmer sieht der Betriebsrat die Unternehmensführung auch im Umgang mit der Unterstützungskasse. Vergangene Woche hatte TRW angekündigt, 1,2 Millionen Euro aus dem in Jahrzehnten angesparten Vermögen von 5,43 Millionen Euro zu entnehmen, um damit Betriebsrenten (40,90 Euro bis maximal 60 Euro im Monat für 1800 Rentner der Standorte Krefeld, Düsseldorf und Gelsenkirchen) zu bezahlen.

Gesamtbetriebsratsvorsitzender und Vorsitzender des Unterstützungskassenvereins Axel Goebels: „Bislang wurden die Renten aus den Zinsen und Beiträgen des Unternehmens finanziert.“ Schlichtweg übergangen worden sei die Mitgliederversammlung, die sich aus sechs Arbeitgeber- und sechs Arbeitnehmervertretern zusammensetzt: „Für den Griff in die Kasse hätte es eines mehrheitlich getragenen Beschlusses bedurft. Den hat es aber nicht gegeben“.

IG-Metall-Sektretär Bernd Börgers nennt das Vorgehen des Unternehmen „selbstherrlich“ und „ungeheuerlich“: In 25 Jahren seiner Tätigkeit habe er so etwas noch nicht erlebt. Befürchtung: Ist das Konto irgendwann leer, gibt’s keine Betriebsrente mehr.

Die Betriebsräte wollen dafür sorgen, dass „ein deutsches Gericht TRW seine Grenzen aufzeigt“. Weil es sich um Vereinsrecht handelt, ist das Amtsgericht zuständig.

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