Handwerk hat ein Image-Problem

Krefeld hat weniger Nachwuchssorgen als andere Städte. Einzelne Branchen haben dennoch große Probleme.

Handwerk hat ein Image-Problem
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Am 1. September hat auch im Handwerk das neue Ausbildungsjahr begonnen. Während in anderen Bezirken der Handwerkskammer Düsseldorf viele Lehrherren über Nachwuchsmangel klagen und angehende Auszubildende keine Lehrstelle finden, scheinen diese Sorgen in Krefeld gering zu sein. Mit 808 abgeschlossenen Lehrverträge liegt der Bereich Krefeld/Viersen auf dem Vorjahresniveau - am Stichtag 31. August 2013 waren es 810 Verträge. „Das ist sehr positiv für diesen sonst eher gebeutelten Kreis“, sagt Klaus Koralewski, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Niederrhein.

Auch bei den Lehrbetrieben scheint die Nachfrage nach Auszubildenden befriedigt zu sein. So zeigt die Lehrstellenbörse der Handwerkskammer Düsseldorf für den gesamten Kammerbezirk am gestrigen Dienstag noch rund 843 freie Ausbildungsstellen an — für Krefeld sind es 33.

Allerdings leidet die Branche leidet hier wie anderswo unter drei Faktoren. Zum Einen schlägt sich der demografische Wandel durch die geburtenschwachen Jahrgänge auf die Anzahl der Auszubildenden nieder. Zusätzlich scheint das Handwerk unter einem Imageproblem zu leiden, denn viele junge Menschen entscheiden sich lieber für ein Studium oder eine Ausbildung in einem Bürojob. „Wir können jedem willigen Jugendlichen eine geeignete Ausbildung vermitteln“, sagt Koralewski. Allerdings blieben viele Ausbildungsplätze, die relativ hohe inhaltliche Ansprüche haben, unbesetzt, zum Beispiel im Elektrobereich oder in der Kfz-Mechatronik. „Für viele schwächere Schüler sind die Ansprüche da zu hoch.“

Trotzdem könnte die Situation besser sein. Auch Koralewski kennt Betriebe, die gerne noch weitere Lehrlinge eingestellt hätten, aber keine geeigneten Bewerber gefunden haben. Oder die erst gar keine Bewerbungen erhalten haben. Während die Bewerberzahlen in manchen Branchen gut sind, suchen andere lange vergeblich. Besonders schwer haben es das Nahrungsmittelhandwerk und die Baubranche. „Koch und Bäcker haben antizyklische Arbeitszeiten im Vergleich zum sozialen Umfeld“, sagt Joachim Selzer. „Und Straßen- und Tiefbau ist für viele immer noch der Bereich, wo man einfach nur stark sein muss.“ Dabei seien viele Berufe, die früher Knochenjobs waren, heute Hightech-Berufe.

Der stellvertretende Kreishandwerksmeister weiß, wovon er spricht: Er ist selbst Inhaber eines Straßen- und Tiefbauunternehmens. Generell scheint zu gelten: Je körperlich anstrengender und schmutziger, desto unattraktiver erscheint das Gewerk für die Bewerber. Auch wenn dieses Bild längst nicht mehr der Wirklichkeit entspricht. Ausbildungsberufe, die in dem Ruf stehen, kreativ zu sein - Tischler etwa — haben eine konstant hohe Anzahl qualifizierter Bewerber.

„Weniger attraktive Branchen bekommen oft nur die Bewerber, die schon woanders abgelehnt und nach unten durchgereicht worden sind“, hat Selzer festgestellt.

Um die Nachwuchssorgen in den Griff zu bekommen, schaltet das Handwerk Imagekampagnen und präsentiert sich verstärkt in den Schulen.

„Wir müssen aber auch im Bereich der Tarifabschlüsse etwas tun — auch wenn das die Betriebe nicht gerne hören“, sagt Joachim Selzer. Manche Unternehmen gingen bereits mit gutem Beispiel voran. Um qualifizierte Auszubildende zu binden, zahlen sie über Tarif oder finanzieren etwa den Führerschein. Anders sei es bei den weniger qualifizierten Bewerbern. Auch ihnen müsse man eine Chance geben, allerdings müsse man bei ihnen vor allem mehr Zeit und Energie in die Ausbildung investieren. „Sonst fehlen uns wirklich irgendwann die Fachkräfte“, sagt Selzer. „Wir können uns nun mal keinen anderen Nachwuchs backen als den, den wir haben.“

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