Zwischen Mohammed und Weihnachtsmarkt

Für Sümeyye Özdemir ist der Heilige Abend kein besonderer Tag. Aber sie interessiert sich für Feste anderer Religionen.

Krefeld. Sümeyye Özdemir ist 26 Jahre alt und Diplom-Pädagogin. Ihr Abitur hat sie am Gymnasium Horkesgath abgelegt, ihre Schwester Müberra (10) besucht das Ricarda-Huch-Gymnasium. Vater Kazim Özdemir kam 1977 nach Deutschland, studierte und wurde Elektro-Ingenieur. Mutter Selvijye kam später nach Deutschland.

Sümeyyes Bruder Enes (21) ist etwas aus der Art geschlagen — er ist als Fallschirmjäger Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Allen gemeinsam ist, dass sie an der Sprödentalstraße leben. Und dass die Familie Özdemir aus gläubigen Muslimen besteht, die sich in diesen Tagen nur wenig für Weihnachten interessieren.

Sümeyye trägt wie ihre Mutter ein Kopftuch, und wenn sie spricht, dann klingt ein wenig ihr niederrheinischer Akzent durch. Den Weihnachtsabend wird sie wie einen normalen Tag verbringen. „Ich treffe mich mit Freunden, gehe bummeln, Kaffee trinken. Ganz normal.“ Natürlich könne auch sie sich nicht dem allgemeinen Weihnachtstrubel entziehen. Und manches findet sie auch ganz schön.

„Die Lichter in der Stadt, den Bummel über den Weihnachtsmarkt, den Schnee.“ Aber wenn sie an die Menschen denkt, „die händeringend nach Geschenken suchen, zu denen sie sich verpflichtet fühlen und die ihnen die Medien schmackhaft machen“, dann kann Sümeyye Özdemir dem großen Fest der Christen nur wenig abgewinnen. Aber da sie sich als Teil dieser Gesellschaft sieht, will sie auch nicht die Augen vor den Festen der Anderen verschließen.

„Deshalb wünsche ich den Christen, mit denen ich zu tun habe, ein frohes Fest und angenehme Feiertage“, sagt Sümeyye Özdemir. Genauso freue sie sich, wenn Christen ihr zum Ende des Ramadans oder zum Opferfest gratulieren.

Überhaupt trete sie für den Dialog zwischen Moslems, Christen und Juden ein. „Aber in Jesus sehen wir lediglich einen Propheten — Isa heißt er bei uns — und nicht den Sohn Gottes. Und auch die Geschichte von Marias wundersamer Schwangerschaft ohne Mitwirkung eines Mannes ist wohl eher ein Märchen.“

Der Dialog zwischen den Religionen müsse vor allem geprägt sein vom Respekt vor dem anderen Glauben. „Das kann aber nicht heißen, dass dieser Dialog unsere unterschiedlichen Ansichten übertüncht. Über diese Unterschiede muss auch gesprochen werden, damit man den anderen besser verstehen lernt.“

Ähnlich wie Jesu Geburtstag werde auch im Islam der Geburtstag des Propheten Mohammed als Mevlid-Fest im Februar gefeiert. „Das ist zwar ein hoher Festtag bei uns, aber nicht vergleichbar mit dem Weihnachtsfest. Und dass der Heilige Abend der Christen in diesem Jahr auf einen Freitag fällt, der für uns Moslems wie Sonntag ist, hat keine Bedeutung.“

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