Azubis bleiben auf der Strecke

Die Zahl der nicht vermittelten Auszubildenden ist im Vergleich zum Vorjahr um knapp 50 Prozent gestiegen.

Heiligenhaus. Harald Liedtke betreibt auf den Tag genau seit 34 Jahren eine Zahnarztpraxis in Heiligenhaus. Das Jubiläum macht ihn stolz. Es wäre ein guter Anlass, heute die Sektkorken knallen zu lassen. Doch Liedtke ist noch aus einem weiteren Grund glücklich, denn nach langer Suche hat er eine Auszubildende zur zahnärztlichen Fachangestellten gefunden, die seit zwei Monaten bei ihm arbeitet: „Es ist schon eine dramatische Entwicklung, die seit vier, fünf Jahren stattfindet. Wir Zahnärzte finden einfach keine Auszubildenden mehr.“

Früher hätten sich 20 Schülerinnen auf eine Stelle beworben. „Heute muss ich in allen Jobportalen eine Ausschreibung machen und hoffen, dass sich jemand meldet“, sagt Liedtke.

Die aktuelle Statistik der Arbeitsagentur unterstreicht die Beobachtung des Zahnarztes. In jeder Stadt des Kreises ist mindestens eine, meistens sind jedoch mehrere Stellen noch unbesetzt. Ute Ackerschott, Chefin der Agentur für Arbeit Mettmann, kann diese Entwicklung bei den Zahnarzthelferinnen nicht erklären: „Früher war das der absolute Renner. Warum das so stark nachgelassen hat, verstehe ich nicht,“ sagt Ackerschott.

Doch nicht nur Zahnärzte suchen nach Auszubildenden. Auch in Restaurants und Hotels sind viele Ausbildungsplätze für Köche und Hotelfachleute unbesetzt. Insgesamt gibt es im Kreis Mettmann 115 offene Ausbildungsstellen, im vergangenen Jahr waren es noch 120.

Doch in diesem Jahr sind deutlich mehr Azubis nicht versorgt: 127 Schüler suchen aktuell noch einen Ausbildungsplatz (2011 waren es 85 Azubis). Das sind rund 50 Prozent mehr als im Vorjahr.

Für Ute Ackerschott liegt das an der insgesamt zurückgegangenen Stellenanzahl aller Betriebe: „Wir haben dieses Jahr insgesamt mehr als 200 Plätze weniger anbieten können, aber mehr Bewerber.“ Über die deutliche Zunahme der Suchenden ist sie erschrocken. „Rein rechnerisch gäbe es für fast jeden Suchenden eine freie Stelle, doch passt es fachlich leider nicht.“ Die Jugendlichen seien häufig fixiert auf ihren Traumberuf, hätten aber nicht die benötigten Schulnoten.

Insgesamt weniger Ausbildungsplätze als im Vorjahr hat vor allem das Handwerk zu verzeichnen. 650 Ausbildungsverträge sind bis Ende September unterschrieben worden — ein Rückgang um 39 Stellen oder 5,7 Prozent. „Vor allem die letzten Monate haben uns die Bilanz verhagelt“, sagt Martin Lindemann, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mettmann.

Zufrieden ist hingegen die Industrie- und Handelskammer Düsseldorf. Mit 5385 abgeschlossenen Ausbildungsverträgen sei das drittbeste Ergebnis seit zehn Jahren erreicht worden, berichtet der stellvertretende Geschäftsführer Norbert Woehlke.

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