Bestattungen: Der Tod als Verwaltungsakt

Wenn es keine Angehörigen gibt oder niemand bereit ist, die Bestattung zu organisieren, wird das Ordnungsamt tätig.

Kreis Mettmann. Verwesungsgeruch zieht durchs Treppenhaus. Nachbarn alarmieren die Polizei. Die Beamten entdecken einen Verstorbenen, der schon seit längerem in seiner Wohnung liegt. Vermisst hat ihn niemand — Angehörige hat der Tote nicht mehr. Die Polizei schaltet das Ordnungsamt ein, das die Beerdigung organisieren wird. Die letzte Ruhe — ein Verwaltungsakt.

Es ist ein Szenario, das immer häufiger vorkommt. „Die Fälle, in denen wir die Bestattung in die Wege leiten müssen, haben zugenommen“, sagt Siegmund Halten, Sachbearbeiter im Velberter Ordnungsamt. In Velbert musste die Behörde in diesem Jahr bereits 55 Verstorbene beerdigen, „im Jahr 2011 war die Zahl vergleichbar hoch. Das war vor Jahren noch anders“, sagt Halten.

Das Ordnungsamt springt aber nicht nur ein, wenn es keine Angehörigen mehr gibt. „Wir müssen das auch machen, wenn es Angehörige gibt, die aber schlicht kein Interesse an der Beerdigung des Verstorbenen zeigen“, sagt Halten.

Hintergrund seien Vorgaben des Ordnungsbehördengesetzes zur Gefahrenabwehr, wonach ein Verstorbener innerhalb von acht Tagen nach seinem Tod beerdigt werden muss. „Und wenn die Angehörigen das nicht machen, dann müssen wir halt ran“, sagt er.

Auch Wolfgang Engelhardt vom Ordnungsamt in Ratingen berichtet davon, „dass Angehörige schon teilweise sehr kalt sind. Denen ist einfach egal, was mit dem Verstorbenen passiert“.

In einigen der 50 Fälle, die das Ratinger Amt 2011 bearbeitet hat, waren Angehörige auch schlicht nicht mehr auffindbar. „Das ist ein Zeichen, dass sich die Familienbeziehungen gewandelt haben und Kontakte nicht mehr so gepflegt werden“, sagt Engelhardt.

Ganz aus der Affäre ziehen können sich nahe Verwandte oder eingetragene Lebenspartner — die sogenannten Bestattungspflichtigen — aber nicht, sollten sie von den Ordnungsämtern gefunden werden. Denn die Behörden stellen ihnen die Bestattungskosten in Rechnung.

Wie hoch die Rechnung ausfällt, ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Alle Kommunen haben aber einen festgesetzten Rahmen, den sie für eine Bestattung ausgeben können. So zahlt das Ordnungsamt in Velbert für eine anonyme Urnenbestattung rund 1900 Euro, für die anonyme Erdbestattung 3009 Euro.

In Ratingen sind es 2700 Euro für das Urnenbegräbnis, für die Erdbestattung rund 3000 Euro. „Wir sind angehalten, die Kosten so gering wie möglich zu halten“, sagt Wolfgang Engelhardt. „Dennoch versuchen wir, Wünsche des Verstorbenen zu berücksichtigen, wenn er diese zum Beispiel in einem Testament festgehalten hat.“

Können die Bestattungspflichtigen die Rechnung nicht bezahlen, können sie einen Antrag beim Sozialamt stellen, das Zuschüsse gewährt — im Amtsdeutsch ist dann von einer Sozialbestattung die Rede. Wie viele genau es davon im Kreis Mettmann jährlich gibt, kann das Kreissozialamt nicht beziffern.

Die Bestatter stellen aber fest, dass diese Begräbnisse ebenfalls zugenommen haben. „Die Zahl wächst langsam, aber stetig“, sagt Ann-Kathrin Kremer, stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes der Bestatter in NRW, dem 25 Bestattungsunternehmen aus dem Kreis Mettmann angehören.

„Die Familien werden immer kleiner. Viele haben auch keine Kinder und somit niemanden, der sich um die Beerdigung kümmert“, sagt die Bestatterin aus Hilden. Sie bemerkt aber auch, „dass viele kein Geld haben, weil das Ersparte von den Angehörigen für die Unterbringung in einem Heim eingesetzt wurde.“

Wird die Beerdigung vom Amt organisiert oder gezahlt, „dann sind das die schlichtesten Beerdigungen, die es gibt. Dann gibt es keinen Blumenschmuck und auch keine Trauerkarten“, sagt Kremer.

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