Als die Bahnen durchs Tal ächzten - Werks-, Kalk- und Sandbahnen

Die Historie der alten Werks-, Kalk- und Sandbahnen hat Hobbyhistoriker Uwe Berndt zusammengestellt.

Erkrath. Vor 100 Jahren? Da war´s noch still im Neandertal. Unberührte Natur, hier und da mal ein verirrter Künstler von der Düsseldorfer Malerschule mit seiner Staffelei und der romantischen Kulisse vor Augen. Vielleicht auch mal ein Wanderer, an Wochenenden werden es wohl ein paar mehr gewesen sein. Und sonst? Himmlische Ruhe, Baumwipfel rauschen im Wind, romantische Sonnenuntergänge.

Wer das glaubt, muss sich wohl eines Besseren belehren lassen. Denn von himmlischer Ruhe kann überhaupt keine Rede sein. Stattdessen ratterte und dampfte es pausenlos entlang der Düssel. Denn dort bis in die Höhen hinauf war damals eines der größten Kalkabbaugebiete weit und breit. Und irgendwie mussten die Steine ja aus dem Tal transportiert werden. „Das muss ein ziemliches Spektakel gewesen sein“, glaubt Uwe Berndt. Der Hobbyhistoriker ist einer, der es wissen muss. Denn vor ihm hat sich offenbar noch niemand so genau mit der Geschichte der verschiedenen Bahnen beschäftigt, die damals vom Neandertal oder von Gruiten aus nach Hochdahl unterwegs waren. Seine umfangreiche Recherche hat er nun dem Erkrather Lokschuppen-Archiv überlassen.

Dort ist man begeistert, denn die Unterlagen von Uwe Berndt füllen eine Lücke in der Chronik. Aber wir wollen die Geschichte von ihrem Anfang erzählen. Denn alles begann genau so, wie man es sich vorstellt. Hobbyhistoriker Berndt und der ebenfalls tief mit der Eisenbahngeschichte verbundene Lokschuppen-Chef Udo Kampschulte treffen sich — wo sollte es anders sein — im Stadtarchiv. Beide waren auf der Suche nach Eisenbahngeschichten, man kannte sich vorher nicht. Und was Uwe Berndt zu erzählen hatte, hörte sich ziemlich spannend an. Denn mit den alten Kalkbahnen hatte sich die Heimatgeschichte bislang offenbar noch nicht allzu intensiv beschäftigt. Bis auf ein unveröffentlichtes Manuskript der Heimatforscherin Hanna Eggerath über eine der Sandbahnen war schlichtweg nichts zu finden. Zumindest nichts, was auf den ersten Blick erklärt hätte, warum es im Tal damals ständig und überall pfiff und dampfte. Nun ja, bis in die 1880er Jahre waren es noch Vierbeiner, die vor den Karren gespannt wurden. Aber dann kam die Nr. 87 der Lokfabrik Krauss und die Ruhe war dahin. Denn die alte Dame sollte nicht die Einzige bleiben, die durchs Tal schnaufte.

Vor allem die Steigung nach Hochdahl war mühsam. „Dort gab es einen Aufzug, mit dem die Kalkloren nach oben gezogen wurden“, berichtet Uwe Berndt. Drei Bahnsysteme habe es gegeben: Die Werksbahn pendelte zwischen Hochdahler Hütte und Tal, während die Sandbahn vom Bahnhof Hochdahl zum Kemperdick dampfte. „Das dritte und umfangreichste Gleissystem führte durchs Neandertal“, weiß der Hobbyhistoriker. Zwischen Hochdahl und Gruiten waren bis zu 16 Lokomotiven unterwegs, und das eigentlich pausenlos. „Zumindest in den Steinbrüchen wurden die Schienen immer wieder neu verlegt, weil man ja dem Abbau folgen musste“, erklärt Uwe Berndt.

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