Künstlerporträt: Autodidakt findet eigenen Stil

Der 65-jährige Argentinier Juan Wiza ist Mitglied der „Neanderartgroup“.

Erkrath. Mit weit geöffneten Augen verfolgt Juan, wie der Leiter eines kleinen Fotostudios Bilder entwickelt. In einem dunklen Raum tunkt er sie in Flüssigkeiten. Danach lässt er sie über einer Leine trocknen. Nach und nach erscheint auf der zuvor blanken Fläche ein Bild mit klar definierten Zügen. Der Junge ist hin und weg von dieser Kunst. In diesem Moment steht für Juan fest: Das möchte er auch machen. Dieses Ereignis ist mehr als 50 Jahre her. Trotzdem erinnert sich Juan Wiza daran, als wäre es am gestern gewesen. Es war ein faszinierendes Erlebnis für ihn.

Heute ist der 65-Jährige Künstler durch und durch. Seit zwei Jahren stellt der Meister der abstrakten Kunst seine Werke gemeinsam mit der „Neanderartgroup“ aus.

Sein Leben ist abenteuerlich. Der deutschstämmige Argentinier ist in der Hauptstadt Buenos Aires aufgewachsen. Damals sind seine Großeltern aus Deutschland nach Lateinamerika ausgewandert, um ein neues Leben anzufangen. Als sich die Lebenssituation in Argentinien verschlechterte, plante sein Vater 1935 eine Rückreise nach Deutschland. Zur Zeit des Hitlerregimes galt sein Fernbleiben vom Kriegsdienst aber als Fahnenflucht. Aus Angst vor einer Haftstrafe blieb sein Vater in Buenos Aires. Dort gründete er eine Familie.

Erst Jahre später begann Wiza ein Leben in Deutschland. Seiner Heimat kehrte er aber niemals den Rücken. Im Fotolabor seiner Kindheitserinnerung begann Wiza sogar zu arbeiten — zuerst als Lehrling, dann als Fotolaborant.

Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Mit Fotoausstellungen machte er sich in Venezuela einen Namen. Heute widmet sich Wiza der abstrakten Kunst. Statt in einem Atelier, schwingt der 65-Jährige seinen Pinsel im Kellergewölbe.

„Als Autodidakt hatte ich es nicht leicht“, sagt er — und die Stimme wird ein wenig trübsinnig. Ohne ein Kunststudium fehle es immer an der nötigen Unterstützung. An Kreativität mangelte es ihm jedoch nie. Neben seinen ausgefallenen und abstrakten Werken aus Acrylfarben hat er nun eine neue Leidenschaft entdeckt: abstrakte Werke aus Ölfarben. Die dazu nötigen Instrumente und Farben bleiben aber sein Geheimnis.

Die Idee für seine neuesten Werke hat er aus der Natur. „Ich mache gerne Spaziergänge durch den Wald. Besonders Baumrinden wecken mein Interesse“, erzählt er. Die fließenden Bewegungen der Rinden versucht er dann, in seinem Keller auf einer Leinwand umzusetzen.

„Abstrakte Malerei ist immer ein Experiment“, erklärt er. Das Resultat sei nie genau vorherzusehen. Deshalb haben seine Bilder meist keinen Titel. So können die Menschen selbst über eine Interpretation grübeln.

Als Autodidakt auf dem Gebiet der Malerei weist er keine Kritik von sich. Vom gelernten, argentinischen Ölmaler Washington Riviere ließ er sich zur abstrakten Kunst antreiben. „Riviere half mir, einen eigenen Stil zu finden“, sagt Juan Wiza dankbar.

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