Für Anke Sonnenschein ist Boden mehr als nur Dreck

Als einzige Bodenschützerin der Kreisverwaltung ist die 53-Jährige in der Lage, aus Erdproben Geschichte herauszulesen.

Kreis Mettmann. Dieser Frau zieht so schnell niemand den Boden unter den Füßen weg. Besonders dann nicht, wenn sie der Meinung ist, dass er richtig viel wert ist. Anke Sonnenschein ist die einzige Bodenschützerin der Kreisverwaltung. Dort arbeitet sie im Ressort „vorsorgender Bodenschutz“ der Unteren Landschaftsbehörde.

Was trocken klingt, sei äußerst spannend: „Man muss Leidenschaft für Umwelt und Natur mitbringen und etwas mit dem Thema Boden anfangen können. Dann macht das viel Spaß“, sagt die Diplom-Geografin.

Aber was macht sie konkret? Anke Sonnenschein ist sozusagen die moralische Instanz, die den Städten ins Gewissen redet, wenn die auf die Idee kommen, eine Fläche bebauen zu wollen. „Wenn so ein Bebauungsplan auf meinem Schreibtisch liegt, dann schreibe ich eine Stellungnahme“, sagt sie.

Für Inhalte dieser Gutachten tauscht die 53-Jährige ihre Büroschuhe gegen Stiefel und geht raus auf Wiesen und Äcker. „Dann schaue ich mir die Rahmenbedingungen an und nehme eine Bodenprobe“, sagt sie.

Das geschieht mit dem sogenannten Bodenbohrer, einer der Werkzeuge Sonnenscheins. Damit kann sie prüfen, um welche Art von Boden es sich handelt. „Er zeigt mir unterschiedliche Erdschichten an, an denen ich erkennen kann, ob es sich um einen lehmigen oder sandigen Boden handelt, ob er ertragsreich ist oder nicht“, sagt sie.

Und nicht nur das: Wenn Sonnenschein von den Kollegen der Denkmalschutzbehörden gerufen wird, dann kann sie sogar sagen, wie das Klima in einer bestimmten Region vor Hunderten vor Jahren war oder was an einem bestimmten Gehöft angebaut wurde. Dies verraten ihr die Erdschichten.

Boden, sagt die gebürtige Schwäbin, ist einfach mehr als nur Dreck. „Er zeigt uns viele Dinge, ist schützenswert und speichert Geschichte. Deshalb fasziniert mich das Thema auch.“

Es ist ihr ein Anliegen, dass im Kreis Mettmann so wenig freie Flächen wie möglich verbaut werden. „Es gibt erstens nicht mehr so viele, und zweitens hat der Boden eine wichtige Funktion für die Umwelt. So speichert er CO2, was verantwortlich für die Erderwärmung ist“, sagt sie. Zudem lebten im Boden Milliarden von Kleinstlebewesen.

Weil der Bodenschutz für sie eine Passion ist, sei sie gefrustet, wenn Städte sich für eine Bebauung entscheiden, obwohl sie eine andere Empfehlung ausgesprochen hat. „Das ist nicht schön. Aber die Städte sind frei in ihren Entscheidungen. Und wenn deren wirtschaftliche Interessen stärkeres Gewicht bekommen, dann steht der Bodenschutz hintenan“, sagt sie.

Und ja, auch im Kreisgebiet habe es schon den ein oder anderen Fall gegeben, bei dem sie nur den Kopf haben schütteln können, weil ein Grundstück zugebaut wurde, obwohl der Boden schützenswert war.

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