G. Heinzmann: „Wir Piraten müssen uns weiterentwickeln“

Kreis Mettmann. Personalquerelen, Umfragetief — die Piraten stecken in der Krise. Doch Gabriel Heinzmann, Sprecher für den Kreis Mettmann, ist sicher, dass die Partei noch überzeugen kann.

Herr Heinzmann, brauchen die Piraten ein Update?

Gabriel Heinzmann: Wir Piraten müssen uns weiterentwickeln. Nur durch den stetigen Wandel insbesondere in puncto Basisdemokratie können wir ein Fortbestehen gewährleisten und attraktiv für die Bürger bleiben.

Aber hat der Bürger nicht genau wegen des Themas Basisdemokratie den Eindruck, dass die Piraten nur im eigenen Saft schmoren, statt aktiv Politik zu gestalten?

Heinzmann: Basisdemokratie ist ein sehr großes Wort, das leider in den letzten Zeiten durch den inflationären Gebrauch, insbesondere durch andere Parteien, abgeschwächt wurde. Wir erleben zurzeit am eigenen Leib, wie schmerzhaft eine basisdemokratische Ausrichtung ist. Wir sind die erste Partei, die das Experiment überhaupt wagt, alle ins Boot zu holen.

Was haben die Piraten denn geleistet?

Heinzmann: Wir gehen zurzeit mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Bestandsdatenauskunft an, sind weiterhin auf den Straßen präsent und in NRW haben wir es geschafft, dass die etablierten Parteien Anträgen von uns in Teilen zuzustimmen und nicht mehr, wie zuvor, dem Fraktionszwang vollkommen unterliegen.

Aber das ist ja alles eher abstrakt. Wie stehen denn die Piraten zu Themen wie Kindererziehung, Auslandseinsätzen der Bundeswehr oder Bildung?

Heinzmann: Nun, unsere Visionen sind vielseitig. Wir haben in der Familienpolitik deutlich nachgebessert: Der Staat hat sich prinzipiell in der Erziehung nicht sonderlich einzumischen. Wir machen uns stark für eine Gleichbehandlung aller Familien — egal, ob es eine „traditionelle“ Familie ist, eine Regenbogenfamilie oder sonstige Lebensmodelle. Wir müssen den Fokus auf die Bildung der Kinder legen, denn die Bildung ist der Spiegel der Gesellschaft. Dass es mehr Betreuungsplätze geben muss statt irgendeiner Herdprämie, ist auch ein Thema, das wir dem Bürger vermitteln können und müssen.

Und wo mischen sich die Piraten im Kreis Mettmann ein?

Heinzmann: Wir engagieren uns enorm gegen Fracking (unkonventionelle Erdgasgewinnung, Anmerk. d. Red.) im Kreis. In Velbert haben sich die Piraten an der Diskussion zum Haushalt beteiligt, in Ratingen engagieren wir uns für eine bürgerfreundlichere Stadt. So haben wir eine Position zum Thema „offene Netzwerke“ beschlossen: Wir wollen die vorhandenen Kapazitäten des Internets, die nicht gebraucht werden, den Bürgern über offene W-Lans zur Verfügung stellen. Damit wird die Stadt attraktiver für Gäste und gleichzeitig können auch Menschen am Netz partizipieren, die sich keinen Internetanschluss leisten können.

Thema Internet für alle in den Städten: Gibt es da nichts Wichtigeres?

Heinzmann: Verfügbares Internet ist wichtig, um am sozialen Leben in vielen Punkten teilnehmen zu können. Es ist schlichtweg ein Grundbedürfnis, das sich noch nicht alle erfüllen können.

In aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl im September liegen die Piraten bei maximal vier Prozent. Das ist ein ziemlicher Absturz . . .

Heinzmann: Wir hatten in den vergangenen Monaten die Kraft fast verloren, haben nun aber neue geschöpft.

Wieso denn Kraft verloren?

Heinzmann: Sowohl die Querelen in NRW haben uns geschafft als auch die Personaldebatten im Bundesvorstand. Nun sind beide Probleme beseitigt, man kann sich wieder von Formalitäten abwenden und sich 120 Prozent dem Inhaltlichen widmen.

Und wie steht’s mit der Kommunalwahl 2014?

Heizmann: Kommunalwahlen sind wichtig. Hier beginnt die Politik. Wir feilen daher schon enorm mit unserem Arbeitskreis Kommunalpolitik Ratingen an Positionen für den Kommunalwahlkampf, damit wir den Bürger von uns überzeugen können. Wir wollen dort in den Stadtrat.

Wie sieht das in den anderen Städten im Kreis Mettmann aus?

Heinzmann: Ich weiß sowohl von Hilden/Haan, Velbert, Mettmann und Monheim, dass sich die Piraten vor Ort sehr engagieren — und das mit Hauptaugenmerk auf Kommunalpolitik. Gerade jetzt kommen viele auf den Boden der Tatsachen zurück und arbeiten konsequent weiter.

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