Innenstadt ohne Metzgerei

Während der Familienbetrieb in Gruiten in vierter Generation läuft, gibt es in Haan keinen einzigen Fleischer mit eigenem Geschäft mehr.

Haan. Als Stefan Harscheid mit 29 Jahren seine Metzgerei an der Kaiserstraße in Haan kaufte, war die Konkurrenz noch groß. Vier, fünf Fleischermeister buhlten mit ihren Produkten um die Gunst der Käufer.

Im Laufe der Jahre schloss ein Fleischereifachgeschäft nach dem anderen. Nur Stefan Harscheid blieb und produzierte Leberwurst, Fleischwurst und anderes nach wie vor selbst. Vor drei Wochen ist der Fleischermeister im Alter von 51 Jahren gestorben. Seine Metzgerei ist seitdem geschlossen.

Ein Nachfolger für sein Geschäft ist nicht in Sicht. Eine Tatsache, die auch Georg Schmidt, Obermeister der Fleischer-Innung im Kreis Mettmann, bedauert. „Ich kannte Stefan Harscheid sehr gut“, sagt der 70-Jährige, der sich nach wie in seinem Familienbetrieb in Velbert-Neviges engagiert. Dass sich kein Fleischer oder Metzger findet, der in Haan ein Geschäft eröffnen will, verwundert ihn nicht. „Es schließt doch fast jeden Tag eine Metzgerei“, sagt er.

Einer der Gründe dafür seien die Einkaufszentren, Supermärkte und Discounter an den Stadtgrenzen. „Das ist hier in Neviges genauso der Fall wie in Haan oder Hilden“, sagt Schmidt. Und fügt hinzu: „Die Städte arbeiten gegen uns.“ Die Genehmigung neuer Supermärkte an den Stadträndern würde dazu führen, dass die Innenstädte immer leerer werden.

Und: „Wer eine Metzgerei übernimmt, kauft sich Arbeit“, sagt Schmidt. Die Investitionskosten seien hoch, die Hygienevorschriften anspruchsvoll und die Rendite im Vergleich zum Arbeitseinsatz gering. „Ich bin 70 Jahre alt und arbeite auch immer noch“, sagt er. „Aber das ist keine Strafe.“ Sein Sohn hat sein Geschäft vor zehn Jahren übernommen, auch die Tochter arbeitet im Betrieb mit. „Wir sind ein Familienbetrieb“, sagt er.

Das ist auch die Fleischerei Rauschmann/Valbert, seit 1905 mit Sitz an der Bahnstraße in Gruiten. Fleisch von Schweinen und Rindern aus der Region, Hausschlachtungen und eigene Wurstherstellung sichern dem Familienbetrieb seit Jahren einen großen Kundenstamm.

Ob das Unternehmen, das in vierter Generation von Manfred Valbert und Ehefrau Doris geführt wird, über eine Filiale in Haan nachdenkt, konnten die Inhaber am Freitag nicht beantworten. Freitags ist einfach zu viel los, selbst in der Mittagszeit.

Um ein Fleischereifachgeschäft in der Innenstadt habe sich in den vergangenen Monaten auch die städtische Wirtschaftsförderung bemüht. Nachdem die Metzgerei Büse in der Marktpassage geschlossen hatte, „haben wir uns sehr bemüht, einen weiteren Fleischer oder Metzger in Haan anzusiedeln“, sagt Wirtschaftsförderer Jürgen Simon.

„Wir haben uns an die Handwerkskammer und den Fleischereiverband NRW gewandt und auch bei der Existenzgründerbörse der Handwerkerschaft geworben, ohne Erfolg“, sagt er. Die strengen Hygienevorschriften und auch die Konkurrenz nennt Simon als mögliche Gründe für das Desinteresse.

„Die Versorgung ist ja da“, sagt er. Supermärkte und Discounter bieten Fleisch und Wurst an, dazu kommen die Händler auf den Wochenmärkten mittwochs und samstags. „Aber wir bleiben dran“, versichert er.

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