Reptilien ziehen in die Grube 7

Zauneidechsen, Waldeidechsen und Blindschleichen werden vom Bahnhof Vohwinkel nach Gruiten gebracht.

Gruiten. Die vier neuen Bewohner Gruitens haben grüne Bäuche und runde Flecken auf den Rücken. Eine handspannengroße Zauneidechse sperrt das Mäulchen auf, wenn der Biologe Guido Weber seinen kleinen Finger vor die Nase des Reptils hält. Neue Heimat des Insekten- und Spinnenjägers: die steilen Hänge des früheren Kalksteinbruchs „Grube 7“.

Der tierische Umzug wurde notwendig, weil in Wuppertal gebaut wird. Die stillgelegten Bahnanlagen des Vohwinkler Bahnhofs will die Stadt als Gewerbegebiet entwickeln. Rund 300 Zauneidechsen hatten dort ihr Zuhause — zu viele für ein neues, als Ersatz geplantes Schutzgebiet.

Dabei stammen die Tiere aus der Gruitener Gegend, erläutert Karin Ricono, Biologin bei der Stadt Wuppertal: „Vor 1990 gab es in Vohwinkel keine Zauneidechsen.“ Während mehrerer Eidechsen-Generationen seien die Reptilien entlang der Bahntrasse zugewandert. „Große Populationen bauen sich erst auf, wenn die Anlagen verlassen sind“, sagt Weber. Eine spärliche Pflanzendecke lässt die Sonnestrahlen bis an den Boden, das Schotterbett bietet Deckung für die Tiere.

Für jede Zauneidechsen-Lieferung fängt Weber die Tiere am Morgen mit einem Plastikeimer: „Man hält den vor, während man die Tiere vor sich her scheucht.“ In dem Gefäß dienen Rispengras und Johanniskraut vom Gleisbett als Versteck. Nur kurze Zeit stehe zur Verfügung, dann würden die Zauneidechsen unter der Sonne zu schnell für die Biologen.

In der Transportkiste sorgt Sand für weichen Boden, ein Stück Rinde bietet Schutz. „Die Heuschrecken dienen nur als Futter“, sagt Weber. Ein paar Blindschleichen und Waldeidechsen hat er gleich dazu gepackt. Die gehören zwar nicht zum Programm, sollen aber auch nicht unter den Bagger. „Naja, dann wird sich vielleicht ein Turmfalke freuen“, sagt Weber.

Bis im April die ersten Umsiedler in der Grube 7 eintrafen, gab es dort keine Zauneidechsen — obwohl die Bedingungen günstig sind. „Die Tiere haben einen eng begrenzten Lebensraum“, sagt Volker Hasenfuß, Haaner Landschaftswächter. Ein Bereich, der bereits für Waldeidechsen vorgesehen sei, wäre geeignet.

Wichtig sei, für die Umsiedlung ein Gebiet zu wählen, in dem die betreffende Art noch nicht vorkommt, sagt Weber: „Sonst stellt sich das Gleichgewicht wieder bei der alten Anzahl ein. Die überzähligen Tiere werden gefressen oder finden nicht genug Nahrung. Es gab kein geeignetes Gebiet in Wuppertal“, sagt Ricono.

Die Artenschutz-Aktion brauchte bürokratisch einen riesigen Aufwand: „Rheinkalk, der Kreis Mettmann und die Stadt Haan mussten ihr Einverständnis geben“, erläutert Ricono. Die weitere Pflege des Gebiets habe sichergestellt werden müssen.

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