Gedenken: Brücken gegen das Vergessen

20 Schüler verarbeiten ihre Eindrücke nach der Fahrt ins ehemalige KZ Auschwitz.

Hilden. Die Stimmung ist nachdenklich und leicht bedrückt, als Christian Müller-Dassanayake (18) den „Abend der Verständigung“ mit einem gefühlvollen Klavierspiel einleitet. Im Forum des Bonhoeffer-Gymnasiums haben sich Schüler und Eltern zusammengefunden, um die Eindrücke zu verarbeiten, die die Jugendlichen während ihrer Projektfahrt zur Gedenkstätte Auschwitz gemacht haben.

Die 20 Schüler des Geschichts- und Pädagogikkurses haben sich aus unterschiedlichen Motivationen heraus auf etwas eingelassen, was kein Geschichtsbuch zu vermitteln mag. Nach einer intensiven Vorbereitungszeit traten sie im Sommer ihre fünftägige Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz und Birkenau an.

Pädagogiklehrerin Caroline Ritterbach, die Geschichtslehrer Peter Sadowski begleitet hatte, stellte die Frage in den Raum, ob man Auschwitz Jugendlichen zumiuten könne. „Mir begegnen immer wieder Menschen, die mir diese Frage stellen. Meine Antwort lautet: Ja“, sagt sie mit fester Stimme.

Erinnern sei heute zum festen Bestandteil des politischen und gesellschaftlichen Lebens geworden. Und besonders Jugendlichen sei es zuzutrauen, „nur so entsteht ein Gewinn für die Zukunft. Wir wollen Brücken gegen das Vergessen bauen“.

Die Teilnehmer der Projektfahrt haben in jeder Hinsicht dazugelernt. Tim Kaul (18) bringt es in auf den Punkt: „Im Laufe der Jahre habe ich viel über den Zweiten Weltkrieg und die KZs gehört und gelernt. Doch meistens waren das nur Fakten, die keine Eindrücke vermittelt haben. Als ich dann das erste Mal im KZ Auschwitz war und zu Hause darüber nachgedacht habe, wurde mir so richtig bewusst, wie viele Gefühle, Emotionen, wie viel Schmerz und Leid, aber vor allem auch wie viele Tote hinter diesen Fakten stecken“, sagt der Schüler. Obwohl ihn die Erfahrungen traurig und wütend gemacht haben, sei er froh, mitgefahren zu sein“.

Auch Christian Müller-Dassanayake spricht im Namen aller Projektfahrer, wenn er sagt: „Auf jeden Fall war das eine ganz besondere Erfahrung, und wir wollen unser eigenes Leben mehr wertschätzen.“

Eine wichtige Erfahrung sei dabei auch das Gruppenerlebnis, betonte Lehrer Peter Sadowski: „Auschwitz funktioniert nicht, wenn man mit Leuten dahin fährt, die sich nicht kennen. Man muss sich einer Gruppe öffnen können.“ Durch die Fahrt seien auch der Gemeinschaftssinn sowie die Fähigkeit gefördert worden, gemeinsam mit Emotionen umgehen zu können.

Gegen das Vergessen kämpfen auch verschiedene Stiftungen und Vereine, durch deren finanzielle Unterstützung diese Projektfahrt überhaupt erst in die Tat umgesetzt werden konnte. So hat etwa die Stiftung „Erinnern ermöglichen“ bereits 120 Schulen und somit 5000 Schülern die Chance geboten, eine solche Erfahrung sammeln zu können. Eine ordentliche Bilanz, die zeigt, dass der Wille, sich mit den Geschehen der deutschen Kriegsgeschichte auseinanderzusetzen, nicht gebrochen ist.

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