IHK-Wirtschaftsforum: Wohlfühlfaktor in Gefahr

Das 4. IHK-Wirtschaftsforum beschäftigte sich mit der Zukunft des Kreises als attraktivem Standort und Lebensraum.

Kreis Mettmann. Schwimmbäder, Bibliotheken und Freizeitangebote in jeder Stadt, jede Menge Natur drumherum und dazu die Nähe zu den Großstädten mit ihren kulturellen Angeboten: Der Kreis Mettmann ist attraktiv für Unternehmen, um sich anzusiedeln. Denn er bietet den Menschen Komfort und einen gewissen Wohlfühlfaktor, weil alles schnell erreichbar und verfügbar ist.

Aber ob dies in Zukunft so bleiben wird, ist fraglich. Denn die Finanzkrise bedroht Freizeit- und Kulturangebote. Das war der Tenor der Diskussion im Rahmen des 4. Wirtschaftsforums der Industrie- und Handelskammer (IHK) zum Thema "Weiche Standortfaktoren im Kreis Mettmann - Kriterien für die Standortwahl von Bevölkerung und Unternehmen".

Neben Infrastruktur und Steuersätzen als "harte Faktoren" sind auch Wohnqualität oder Bildungsangebote für Unternehmen bei der Standortwahl und der Anwerbung qualifizierter Mitarbeiter wichtig. Bislang kann der Kreis damit punkten.

Doch die Finanzlage des Kreises sowie einzelner Städte sei jetzt schon nicht rosig, sagte Landrat Thomas Hendele, der mitdiskutierte. "Und wenn es keine Gemeindefinanzreform gibt und die Kommunen und der Kreis auf den Kosten für alles sitzen bleibt, dann ist absehbar, dass eben nicht mehr in jeder Stadt eine Bibliothek, eine Verwaltungseinrichtung oder Schwimmbäder existieren."

Wenn die weichen Standortfaktoren fehlen, dann hat dies negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung und das Bevölkerungswachstum. Letzteres, so Professor Klaus Beckmann vom Deutschen Institut für Urbanistik, wird es dann nicht mehr geben, "weil sich die Menschen dann in andere Regionen orientieren." Beckmann hat im Rahmen seiner wissenschaftlichen Laufbahn schon mehrere Studien darüber gemacht, welche Faktoren wichtig sind, damit eine Region konkurrenzfähig bleibt. "Und dazu zählen vor allen Dingen die Faktoren Ausbildungsangebote, Umweltqualität und das Image einer Region." Gerade an dem letzten Punkt müsste der Kreis noch arbeiten, stellte der Berliner Professor fest.

Die anderen Diskussionteilnehmer stimmten ihm weitgehend zu. Hendele verwies jedoch darauf, dass der Kreis mit der Marke "Neanderland" auf einem gut Weg sei. "Dieser Begriff bleibt auch bei Menschen außerhalb der Region haften."

Stadtplaner und Architekt Matthias Pfeiffer bekräftigte, dass es für das Marketing einer Region wichtig sei, ein Image zu haben. Er schmälerte aber die Hoffnung, die Menschen im Kreis Mettmann könnten einmal eine gemeinsame Identität als "Neanderländer" haben: "Identität ist eben immer etwas, das mit der Stadt, aus der man kommt, zu tun hat", war er überzeugt.

Festgestellt wurde auch, dass die Bürger in Zukunft mehr Einsatz zeigen und flexibler werden müssten. Ehrenamtliches Engagement sei wichtig, damit in den Städten Angebote wie Sportgruppen erhalten bleiben, waren sich die Teilnehmer der Diskussionrunde einig. Und Professor Beckmann nahm den Streit um die Wülfrather Stadthalle zum Anlass, deutlich zu machen, dass die Bürger zur Not auch tiefer in die Tasche greifen müssten. "Wenn die Menschen dort unbedingt ihre Stadthalle behalten wollen, obwohl sich die Stadt dies nicht mehr leisten kann, dann müssen sie vielleicht auch einmal 100 Euro für ein Konzert zahlen statt nur 20 Euro."

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