Kerstin Griese im Interview: „Ich rate jungen Leuten, sich beim Zoll zu bewerben“

Im Interview spricht Kerstin Griese, MdB, über den Mindestlohn, seine Umsetzung und Kontrolle.

Kerstin Griese im Interview: „Ich rate jungen Leuten, sich beim Zoll zu bewerben“
Foto: Dietrich Janicki

Kreis Mettmann. Wenn Kerstin Griese in Berlin ist, geht es schon morgens um 7.30 Uhr mit den ersten Terminen los und endet am Abend erst gegen 22 Uhr. Doch mehr als die Hälfte ihrer Zeit verbringt die SPD-Bundestagsabgeordnete in ihrem Wahlkreis und hat ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Bürger.

Frau Griese, Sie lächeln, 2014 scheint ein gutes Jahr für Sie gewesen zu sein...

Griese: Das stimmt, das ist für mich das bislang erfolgreichste Jahr gewesen. In der konstituierenden Sitzung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales bin ich im Januar einstimmig zur Vorsitzenden gewählt worden. Damit leite ich den zweitgrößten Parlamentsausschuss.

Was hat der Ausschuss für Aufgaben?

Griese: Ich bring es mal auf den Punkt: faire Löhne, sichere Renten und eine familienfreundliche Arbeitswelt — das sind unsere Hauptthemen und da haben wir in diesem Jahr viel geschafft. Wir haben allein in diesem Jahr neun Gesetze beraten, die später vom Bundestag so beschlossen worden sind. Das Wichtigste ist mit Sicherheit die Einführung des Mindestlohns, die 3,7 Millionen Menschen bundesweit betrifft.

Wie soll das denn überwacht werden?

Griese: Ich kann jungen Leuten nur raten, sich beim Zoll zu bewerben. Da werden in den kommenden Jahren 1600 neue Kräfte gebraucht. Unter anderem, um Schwarzarbeit und die Einhaltung des Mindestlohns zu überwachen. Ich war selbst schon bei einer Überprüfung einer Baustelle in Mettmann dabei. Da ist mir ein junger Mann aufgefallen, der sich freute, bereits jetzt den Mindestlohn von 8.50 zu erhalten. Aufgrund des für das Baugewerbe längst geltenden Branchenmindestlohns hätte er allerdings mindestens 11,10 Euro in der Stunde erhalten müssen. Da liegt noch einiges im Argen, das muss besser überprüft werden.

Mindestlohn und schlecht bezahlte Jobs sind auch immer wieder ein Thema im Kreis Mettmann. Die SPD im Kreis bemängelt, dass sich zu wenige Jobvermittler um die rund 35 000 Bedarfsgemeinschaften im Kreis kümmern.

Griese: Das stimmt, darüber haben wir neulich noch in einer großen Runde mit der Kreis-SPD, der Arbeitsagentur und dem Jobcenter gesprochen. Es ist wohl so, dass einigen Langzeitarbeitslosen aus Düsseldorf geraten wird, in den Kreis Mettmann umzuziehen, weil hier die Mieten günstiger sind. Doch genau auf diese Personengruppe müssen und wollen wir zugehen, damit die Arbeitslosigkeit nicht innerhalb von Familien weiter vererbt wird. Die Bundesregierung plant, dass die Betreuung bei einer erfolgreichen Vermittlung ausgebaut wird. Wer nach langer Arbeitslosigkeit einen Job gefunden hat, soll noch einige Monate weiter begleitet werden, damit er den Arbeitsplatz auch behält. Im Kreis Mettmann werden darüber hinaus vier Stellen für Job-Vermittler erhalten, die sich speziell um Langzeitarbeitslose kümmern sollen.

Wenn Sie in Ihren Wahlkreis kommen, über was reden die Menschen am meisten?

Griese: In den vergangenen Wochen ist es vor allem die Situation der Flüchtlinge, die die Menschen sehr bewegt. Ich habe den Eindruck, dass die Bürger heute mit dem Thema anders umgehen, als noch vor 20 Jahren. Es ist eine große Welle der Hilfsbereitschaft zu erkennen, viele bringen in den Heimen etwas vorbei, was sie selbst entbehren können. Auch die Städte im Kreis Mettmann haben offenbar ihren Umgang mit Flüchtlingen neu überdacht.

Wie meinen Sie das?

Griese: Nun bei einigem Kommunen im Kreis dachte man bislang, sie machen den Flüchtlingen das Leben so schwer wie möglich. Jetzt denken viele um, ermöglichen etwa Familien die Unterkunft in von der Stadt angemieteten Wohnungen. Der Bund unterstützt die Kommunen nach Kräften. Für 2015 werden allein für den Kreis Mettmann 1,4 Millionen Euro Bundeshilfen bereit gestellt, um die Städte bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen zu entlasten.

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