Klinik-Check: Krankenhäuser mit Hotelcharakter

Im Wettbewerb um Patienten rüsten die Krankenhäuser auf. Aber mehr Komfort kostet mehr Geld.

Kreis Mettmann. Nur sprechen können die Betten nicht, die heutzutage in modernen Krankenzimmern stehen. Sonst können sie alles. Per Knopfdruck lässt sich die Neigung von Kopf- und Fußende verstellen. Ein Alarmschalter bringt die Matratze augenblicklich in die richtige Position, wenn ein Patient etwa ohnmächtig geworden ist und die Beine hochgelegt werden müssen.

Die Matratze denkt mit, passt sich der Körperform an und hilft damit, die Druckstellen zu mindern, die bettlägerige Menschen nach einer gewissen Zeit so sehr quälen. In den Genuss solch intelligenter Bettstatt kommt aber nur, wer privat- oder zusatzversichert beziehungsweise bereit ist, für mehr Komfort aus der eigenen Tasche auch mehr zu bezahlen. Im Ratinger St. Marien-Krankenhaus etwa sind das knapp 39Euro pro Tag im Komfortzimmer.

Die Gruppe dieser Menschen scheint stetig zu wachsen. Denn auch im Kreis Mettmann gibt es kein Krankenhaus, in dem nicht wenigstens ein Trakt auf Privatpatienten oder Zuzahler eingerichtet ist.

"Medizinisch werden aber alle absolut gleich versorgt", sagt Cerstin Tschirner, die Sprecherin des Kplus-Verbandes. Unter dessen Dach sind neben dem St. Lukas in Solingen die katholischen Krankenhäuser in Monheim, Hilden und Haan geschlüpft mit dem Ziel, Standardaufgaben nur einmal für alle zu verrichten.

Den Einkauf zum Beispiel. Aus diesem Grund stehen auf der just sanierten Station im St. Josef-Krankenhaus von Haan jene Betten, die dem Menschen dank technischer Finessen helfen, gesund zu werden. "Zu diesem Prozess gehört auch, dass die Kranken sich wohlfühlen."

Das können sie mehr denn je, seit in die Station des Haaner Krankenhauses 1,25 Millionen Euro investiert wurden. Das Investitionsvolumen entspricht Ausgaben von 50 000 Euro je Bett. Dieselbe Summe fließt derzeit in weitere Zimmer mit insgesamt ebenfalls 25 Plätzen. "In dem Preis sind die Betten selbst aber noch nicht drin", sagt Cerstin Tschirner.

Die schlagen mit gut 3000 Euro pro Stück zu Buche. "Unser Einkauf hat da gut verhandelt. Wir beziehen die Betten aber auch für vier Krankenhäuser und dadurch in einer hohen Stückzahl."

Was für den Kplus-Verbund und dessen Häuser gilt, ist in den anderen Kliniken im Kreisgebiet nicht anders. Überall wird aufgerüstet, um Kranke nicht mehr nur gesund, sondern auch zufrieden zu entlassen, auf dass er wiederkomme, wenn ihm ein planbarer Eingriff bevor steht.

Mehr Komfort bedeutet insgesamt weniger Betten und damit weniger Patienten. Die Zeiten, in denen sich sechs bis acht Menschen ein Zimmer teilten, sind noch gar nicht so lange her. Heute stehen im selben Raum zwei Betten, und zu jedem Zimmer gehört ein Bad mit Dusche. Das gilt immer, egal ob ein Patient privat oder gesetzlich versichert ist.

Entsprechend gut sind die Noten, die mehr als 2000 WZ-Lesern den Krankenhäusern im Klinikcheck gegeben haben. Gut 85 Prozent bewerten die Ausstattung mit den Noten "sehr gut", "gut" oder "befriedigend". Lediglich 2,1 Prozent geben ihnen das Prädikat "ungenügend".

Grund zur Klage gibt es indes immer noch genug. Da beklagen Patienten, dass es auf ihrer Station nur ein Bad gegeben habe. Anderen ist der Zuschnitt der Zimmer zu klein. Und viele meinen, dass die Kosten für Telefon und Fernsehen schlicht zu hoch sein.

Für die baulichen Mängel gibt es Erklärungen. "Die Krankenhäuser werden um-, nicht neu gebaut", sagt Cerstin Tschirner. Das führe dazu, dass die Zimmer schon wegen der zusätzlichen Nasszellen kleiner würden. Wo sich Toiletten außerhalb des Zimmers befänden, sei die Sanierung noch nicht soweit fortgeschritten.

Aber sie wird fortschreiten, und sie führt dazu, dass Krankenhäuser mehr und mehr Hotelcharakter annehmen, inklusive Minibar auf dem Zimmer. Grund ist der Wettbewerb um Krankheitsfälle. Auf deren Zahl kommt es nach der Gesundheitsreform in Zukunft nämlich an. Mehr Patienten bedeuten mehr Einnahmen. Diese Mehreinnahmen helfen, die Millionen-Investitionen zu refinanzieren.

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