Café Steinrausch: Gespräche unter Freundinnen

Café Steinrausch besteht seit 20 Jahren und ist ein Treff für Menschen, die sich mit ihrer Sucht auseinandersetzen.

Langenfeld. Im Café Steinrausch ist Frühstückszeit. Es wird gekichert, Kaffee ausgeschenkt, Brötchen werden herumgereicht. Es ist ein Frühstück unter Freundinnen, bei dem über die unterschiedlichsten Dinge geklönt wird — und bei dem die Frauen einen ganz besonderen Zusammenhalt spüren.

„So unterschiedlich die Biografien der Frauen hier sind, so stark ist der Zusammenhalt“, sagt eine Teilnehmerin. „Es ist ein ganz ehrlicher Bereich hier. Wir sitzen alle in einem Boot.“

Das Café Steinrausch feiert in diesem Monat seit 20-jähriges Bestehen. Es versteht sich als drogenfreier Treffpunkt für Menschen, die suchtgefährdet oder -krank sind. „Es ist ein Angebot für Menschen, die sich mit der Suchtproblematik auseinandersetzen wollen“, sagt Gabriele Ernsting vom Verbund für Psychosoziale Dienstleistungen, der das Sucht-Kontaktzentrum an der Richrather Straße 51 ins Leben rief.

Die Einrichtung bietet Beratung in Krisensituationen, in allen Fragen zur Sucht, bei Problemen mit Banken, Behörden und Arbeitgebern. Hinzu kommen Angebote wie das gemeinsame Kochen und das Frühstück für Frauen.

Petra (alle Namen geändert) kommt seit einigen Monaten ins Café. Die 63-Jährige hatte sich lange nicht eingestehen wollen, dass sie ein Suchtproblem hat. „Mein Mann und ich haben jahrelang immer getrunken — zu viel. Aber wir bekamen immer alles auf die Reihe, gingen zur Arbeit, erzogen unsere Tochter — und waren niemals alkoholisiert, wenn wir gebraucht wurden.“

Als Petras Ehemann vor drei Jahren starb, kam der Absturz. Nach dem Aufenthalt in der LVR-Klinik kam sie in das Café Steinrausch. „Es tut einfach gut, hier zu sein. Unter Frauen spricht man ganz anders“, sagt sie.

Simone genießt es ebenfalls, in der Gruppe über „alles mögliche“ zu sprechen. Sie hatte im vergangenen Jahr „den tiefen Punkt“. „Ich wollte nicht mehr leben. Mein Leben war wie ein Kartenhaus ineinander gefallen“, sagt sie.

Nach dem Alkoholentzug schaute sie sich mit ihrem Sohn die Einrichtung an der Richrather Straße an. „Alle waren so offen und herzlich. Mittlerweile komme ich dreimal in der Woche her. Wir frühstücken gemeinsam oder kochen. Alles ist sehr vertraut.“

Viele kamen und gingen in der Zeit des Bestehens des Café Steinrausch — und viele blieben. Silke ist seit 13 Jahren abstinent, seit elf Jahren kommt sie ins Café. „Es gibt keinen Auslöser für die Sucht. Es sind vielmehr Lebensumstände, die dahin führen“, sagt sie. „Wenn viele Faktoren im Leben nicht klappen, sucht man sich Hilfe. Und viele vermuten in Alkohol oder Tabletten, eine Hilfe gefunden zu haben.“

Ein Trugschluss. Wann immer jemand aus der Gruppe das Bedürfnis hat, über seine Sucht zu sprechen, findet er Gesprächspartner. „Jeder weiß, was der andere durchmacht“, sagt Silke. Und jeder wisse, dass Alkoholismus chronisch sei. „Die Gefahren lauern überall“, sagt sie. „Nach Entgiftung und Therapie fängt die Arbeit mit sich selbst erst an“, sagt Marion.

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