Stefan Heinemann: Doktor mit Sinn für die Praxis

Pfarrer Stefan Heinemann will die Erkenntnisse seiner Arbeit in Richrath einbringen — und eine Gemeindeanalyse durchführen.

Langenfeld. Das Kichern dringt bis ins Foyer. Stefan Heinemann steht umringt von eifrigen Helferinnen in der Küche des Gemeindehauses und klönt. Seit Herbst vergangenen Jahres ist der evangelische Pfarrer nun in Richrath — und angekommen. Auf der Straße werde er gegrüßt, und die Menschen wüssten auch, wo man ihn hinzustecken habe, sagt er, während er wenig später sein Fahrrad im Regen über die Kaiserstraße schiebt.

Pfarrer Stefan Heinemann (34) stammt aus Plaidt, einem kleinen Ort bei Andernach am Rhein. Bevor er zum Theologie-Studium nach Wuppertal, Bonn und anschließend nach Heidelberg ging, zog es ihn ins Ausland. Auf den Philippinen absolvierte er mit der Vereinten Evangelischen Mission ein Freiwilligenjahr, lernte dort unterschiedliche Konfessionskulturen und damit auch Konflikte zwischen ihnen kennen.

Seitdem ist ihm das Thema ein Herzensanliegen, das er auch zum Gegenstand seiner Doktorarbeit machte. „Interkulturalität. Überlegungen zu einer aktuellen Herausforderung kirchlichen und diakonischen Handels“, heißt der Titel seiner Arbeit, die die Evangelisch-Theologische Fakultät der Universität Bonn mit der Auszeichnung „Summa cum laude“ bewertete.

„Darin reflektiere ich die alltägliche Realität von Migranten in Deutschland in ihrer Bedeutung für kirchliche und diakonische Handlungsfelder“, fasst er den Inhalt kurz zusammen. „56 Prozent der Migranten, die nach Deutschland kommen, sind Christen. Und die bringen ihre eigene Konfessionskultur mit nach Deutschland“, sagt Heinemann. Die Gläubigen der Migrationskirchen hätten in vielen Städten ein lebendiges Gemeindeleben entwickelt. „Und davon können wir viel lernen“, sagt Heinemann.

Seine Erlebnisse von den Philippinen und die Erkenntnisse aus der Doktorarbeit will Heinemann nun in Richrath einbringen. „Von Christen aus anderen Ländern kann man so viel über den eigenen Glauben lernen“, sagt er. „Ich könnte mir vorstellen, hier auch mal mit Migrationskirchen zusammenzuarbeiten.“

Konkret wird das Projekt „voneinander lernen“ im nächsten März. Auf Heinemanns Initiative hin wird ein Freiwilliger aus Asien oder Afrika für ein Jahr in der evangelischen Gemeinde tätig sein. „Wir werden sicherlich noch einmal vieles kennenlernen, das unsere Gemeindearbeit bereichern wird“, sagt Heinemann.

In seiner Dissertation hat sich Heinemann zunächst dem Kulturbegriff genähert. Und dieser hänge auch mit dem Begriff des Milieus zusammen. Auch hier sieht Heinemann Übertragungsmöglichkeiten auf die Praxis vor Ort: Im Herbst soll es eine Gemeindeanalyse geben. „Wir wollen herausfinden, mit welchen Milieus wir es hier zu tun haben“, sagt Heinemann. „Wir als Kirche sprechen nur zwei bis drei der insgesamt acht definierten Milieus an. Wir wollen aber darüber hinausgehen.“

Die evangelische Gemeinde will sich mehr Menschen öffnen — und dazu müsse sie sich selbst hinterfragen: Welchen Milieus will sie sich öffnen? Wie wirkt die Gestaltung des Foyers auf Menschen unterschiedlicher Milieus? Welche biblische Botschaft ist für welche Menschen attraktiv? Wie wirkt die Kleidung auf Gemeindeglieder?

Wird Pfarrer Stefan Heinemann bald also nur noch mit Jeansjacke durch Richrath spazieren? „Nein, das glaube ich nicht“, sagt er lachend. „Aber wenn ich mit Konfirmanden zusammen bin, lasse ich das Jackett im Schrank.“

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