Wohnprojekt: Aus Richrath zurück ins Leben

Ein neues Wohnprojekt hilft Jugendlichen mit psychischer Erkrankung, zurück in den Alltag zu finden.

Langenfeld. Die Sonne scheint in die geräumige Wohnküche, an der Wand hängen Kinoprogramme, Speisepläne und Einkaufslisten. Am Abend wird es Hähnchen mit Tomatensalat geben, die Hauswirtschafterin wird vorbeikommen und Pia (Name von der Redaktion geändert) zeigen, wie es zubereitet wird. Die 16-jährige Pia wohnt seit Anfang Juli in der Wohngruppe an der Haus Gravener Straße 1. Zu Hause sei es schwierig gewesen. „Krankheitsbedingt“, sagt sie knapp. Sie sei zuvor in einer anderen Wohngruppe gewesen, dort aber angeeckt. In Richrath soll sich das jetzt ändern. Mit ihren vier Mitbewohnern versteht sie sich gut. „Ich koche sehr gerne“, sagt sie. Vielleicht sei das ja auch eine gute Ausbildung für sie. „Aber mal sehen.“

Das Wohnprojekt namens Tipi bietet jungen Menschen aus dem Kreis Mettmann und darüber hinaus ein vorübergehendes Zuhause. In zwei Wohngruppen leben jeweils fünf Jugendliche und junge Erwachsene, die Unterstützung in Schule und Beruf, bei der Bewältigung ihrer Krankheit und für ihre weitere Verselbstständigung benötigen. „Die meisten Jugendlichen, die hier wohnen, haben bereits einige Monate in einer psychiatrischen Klinik verbracht“, sagt Einrichtungsleiter Lutz Fischer. Die Biografien der Jugendlichen seien unterschiedlich, aber in einem Punkt gleich: „Es kommen immer mehrere Problemfaktoren zusammen. Eine Scheidung, Probleme im Elternhaus oder Mobbing in der Schule“, sagt Fischer. Schließlich äußerten sich die negativen Erfahrungen in einer Depression, Persönlichkeits- oder Essstörungen — im schlimmsten Fall sogar mit Suizidversuchen.

Die Einrichtung bietet modern eingerichtete Einzelzimmer, gemeinschaftlich genutzte Bäder, Küchen und Wohnbereiche mit Internetanschluss. Innerhalb der Wohngruppen wird der Haushalt gemeinsam geführt. „Wir wollen die Jugendlichen zurück in den Alltag bringen. Sie sollen erst unter Anleitung, später immer selbstständiger, lernen, sich selbst zu organisieren“, sagt Lutz Fischer. Dafür steht im Haus auch eine sogenannte Trainingswohnung zur Verfügung, in die zwei selbstständiger gewordene Bewohner der Wohngruppen umziehen können. „Dort ziehen wir als Betreuer uns dann auch mehr zurück“, sagt Fischer.

Denn ansonsten steht ein Team aus Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, einer Hauswirtschafterin und einer Psychologin rund um die Uhr zur Verfügung, um den jungen Menschen Unterstützung in allen Lebenslagen zu bieten. Die Psychologin begleitet die Jugendlichen bei der Fortführung ihrer Therapie. Das Team arbeitet ebenfalls mit niedergelassenen Ärzten zusammen. Auch eine berufliche Perspektive soll den Jugendlichen aufgezeigt werden. „Einige Bewohner haben die Schule abgebrochen, andere haben einen Schulabschluss, wissen aber nicht, wie es weitergehen soll“, sagt Fischer.

Teil des Wohnprojekts ist auch die Freizeitgestaltung. „Wir machen gemeinsame Aktionen, wollen aber auch ein Teil der Nachbarschaft und des Gemeindelebens in Richrath werden. Deshalb ist auch geplant, dass die Jugendliche sich in Vereinen anmelden“, sagt Fischer.

Mit dem Projekt Tipi ist laut Fischer eine Lücke geschlossen worden. „Wohnprojekte wie diese gibt es im Kreis Mettmann zwar für Erwachsene, nicht aber für Jugendliche“, sagt Fischer.

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