Mehr Arbeit, aber keinen Chef
Nach der Insolvenz schreibt Gießerei wieder schwarze Zahlen und sucht einen Investor. Produziert werden vor allem Komponenten für den Oberleitungsbau im Bahnbereich.
<strong>Velbert. Es ist nicht gerade die typische Geschichte einer Insolvenz: Am 30. November letzten Jahres meldete die Velberter Gießerei Huth & Gaddum Zahlungsunfähigkeit an. Dank einer hochmotivierten Belegschaft schreibt der Betrieb inzwischen wieder schwarze Zahlen, doch was nun fehlt, ist ein Investor, der das Unternehmen weiterführt. Inzwischen denken die engagierten Mitarbeiter sogar über die Übernahme in Form einer Belegschaftsinitiative nach, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten.
"Wir wollen verhindern, dass der Standort Velbert dichtgemacht wird", betont Franceso Orto. Im Kampf um den Erhalt der Firma weiß der Betriebsratsvorsitzende seine Kollegen geschlossen hinter sich. Wesentliche Ursache für die wirtschaftliche Schieflage war seinerzeit die Fehlinvestition in ein polnisches Zweitwerk.
Seit der Übernahme durch den Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Stephan Ries in Wuppertal laufe der Betrieb wieder, trage er sich selber: "Wir haben bombig zu tun", sagt Gießereimeister Joachim Pallenthin, der gewaltig auf die ehemalige Geschäftsführung schimpft. "Die Auftragsbücher sind voll", bestätigt Ries, es konnten sogar neue Kunden akquiriert werden.
Produziert werden vor allem Komponenten für den Oberleitungsbau im Bahnbereich. Eines der bekanntesten Produkte sind die Spannräder, die die Bahnoberleitungen über Kontergewichte auf Zug halten. Der Wuppertaler spricht voll des Lobes über den Einsatz der Belegschaft.
Die hat zwar keine Abschläge bei den Sonderzahlungen gegeben, aber längere Arbeitszeiten von 35 auf 42 Stunden wurden akzeptiert. Die Stimmung sei heute viel besser als vor der Insolvenz: "Die Arbeitsleistung hat sich fast verdoppelt, es gibt 70 Prozent weniger Ausschuss", so Rechtsanwalt Ries. Es seien befristet sogar 20 Mitarbeiter zusätzlich eingestellt worden, fügt Orto hinzu.
Der Velberter Bürgermeister Stefan Freitag, der den Betrieb jetzt besuchte, sicherte die Unterstützung der Stadt zu, zum Beispiel bei der Suche nach Fördermöglichkeiten für eine Belegschaftsinitiative.