Gruiten: Lieber Hühner als den Haans

Kunst: Seit mehr als anderthalb Jahren zieren bunte Skulpturen aus Blech Kreisverkehre und Ortseingänge in Haan und Gruiten. Nicht allen gefällt diese Kunst.

Gruiten. Für Kritik ist es nie zu spät. Das findet auf jeden Fall Hans-Joachim Friebe. "In der Politik kommt auch vieles zu spät", meint der 66-Jährige, während er sich am Gruitener Ortseingang direkt vor die Figur des Haans postiert. Friebes Kopf ziert ein ausgefallener Filzhut in Form eines Huhns, das rote Hutband trägt den Schriftzug "Gruiten" - Friebes stiller Protest gegen die rote Kunstfigur. "Ich bin ja sehr für Kunst, aber der gefällt mir überhaupt nicht", meint Friebe und zeigt auf die Figur aus Blech.

Der ehrenamtliche Landschaftswächter und engagierte Umweltschützer hat seinen ausgefallenen und zugegebener Maßen witzigen Hut bei einer Künstlerin in Leichlingen anfertigen lassen. "Den kann man sogar in der Badewanne tragen", sagt er stolz.

Aufsetzen wird er seine neue Kopfbedeckung aber nicht im Badezimmer, sondern während seiner Führungen durch das historische Dorf. Und am liebsten sähe er auch ein Huhn statt den Haans am Ortseingang des Stadtteils - Gruitens Hühner sind schließlich sehr bekannt.

"Als ich vor 33 Jahren in Gruiten aus dem Zug gestiegen bin, um mir hier ein Haus anzuschauen, da stieg der Schaffner aus dem Zug und rief: ,Gruiten, wo de Hönner mit de Vötte tüten’", erinnert mit Gerhard Trautmann ein anderer Gruitener an unvergessliche Momente auf schönstem Platt. Aber es waren nicht Gruitens Hühner, die den 71-Jährigen damals bewogen, nach Gruiten zuziehen.

"Die Entscheidung fiel, nachdem ich das Dorf gesehen hatte", sagt Trautmann. Auch ihm gefällt der Haans nicht. "Den hätte ich gerne wieder weg", bekennt er offen. "Der sagt mir gar nichts und sieht nicht so schön aus." Auch dass sich dessen Name "Haans" vom Namen der Stadt ableitet, habe er nicht gewusst. Trautmann: "Wir lesen zwar jeden Tag Zeitung, aber das war mir nicht bekannt."

In Haan, so räumt Friebe ein, habe die von Franz Leinfelder entworfene Figur - sie ziert unter anderem die Kreisverkehre Allee- und Ohligser Straße - durchaus seinen Platz gefunden. "Aber was macht er hier in Gruiten?", fragt Friebe und hat dafür eigens ein Gedicht auf Platt (siehe Kasten) gedichtet, dessen sprachliche Korrektheit er von der Gruitenerin Elisabeth Schmitz (92) extra hat überprüfen lassen.

Ob sein Protest den Haans zum Verlassen Gruitens bringen wird? Wohl kaum. Bleiben Hans-Joachim Friebe, sein Hut und eben Gruitens Hönner, die mit de Vötte tüten.

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