Haan: Um 4 Uhr raus in die Kälte

Für ihren Trödelmarkt springen die Haaner bei jedem Wetter aus den Betten.

Haan. Gemütliches Frühstück, der Stollen duftet, die erste Kerze brennt? Von wegen! In Haan ist alles ganz anders. Da wird am ersten Advent spätestens um 4 Uhr früh aus den Federn gesprungen, werden die sieben Sachen gepackt und ab geht’s zum Flohmarkt, Tische und Stände aufbauen. Noch im Dunkel des beißend kalten Wintermorgens verwandelt sich die gesamte Fußgängerzone in einen Basar.

"Um 4.20 Uhr habe ich das Haus verlassen, da war es noch minus sechs Grad", sagt Bärbel Krumnack. Seit ihre Kinder vor einigen Jahren anfingen, ihr Spielzeug auf dem Flohmarkt zu verscherbeln, ist die 54-Jährige mit dabei.

"Wir machen das mit mehreren aus der Nachbarschaft zusammen", sagt sie. Die heimischen Trödler legen sehr großen Wert darauf, dass dieser Markt frei von professionellen Händlern bleibt. Nur vereinzelt sind Stände auszumachen, wie sie auch auf Antik-Märkten zu finden sind.

Fünf Euro kostet der Meter, das wird von den Trödlern als ein günstiger Preis empfunden. So breiten sie aus, was den Kleiderschränken, Kinderzimmerregalen, Kellern und Speichern von geschäftstüchtigen Familienmitgliedern entrissen werden konnte. Das sind TKKG-Kassetten, grüne Lederstiefel Größe 36 oder ein real existierender laubfroschfarbener Strickpulli, den keiner gestrickt haben will.

Von zwei Raritäten trennt sich Heinz Oberstraß. Die hölzerne Kuckucksuhr seiner Eltern will er für 75 Euro verkaufen. Ein Schnäppchen, denn die Uhr ist 110 Jahre alt. "Leider hat sie einer beim Betrachten grob angefasst und einer der Zeiger ist kaputt gegangen", sagt er bedauernd.

"Dieses Spinnrad stammt aus einer Burg", beschreibt Oberstraß seine zweite Preziose. Das sei daran zu erkennen, dass es einen Griff gibt, mit dem der Knappe das Rad in Schwung brachte - edle Damen mussten niemals ihre zarten Dornröschenfüßchen zum Treten benutzen.

Unikate bietet Ellen Garlich an. Zwölf Monate töpfert sie in ihrer Garage Schalen, Kannen oder Tassen. "Ich verkaufe meine Sachen nur auf diesem Adventsmarkt", sagt sie. Selbst gemacht sind auch die "Liebesgrübchen" und Haselnussplätzchen von Erika Wrobel. Wenn ihr Jüngster im Bett ist, krempelt die Mutter dreier Kinder die Ärmel hoch und beginnt zu backen. Exzessiv und in vielen Geschmacksrichtungen, das zeigen die vielen kleinen Tüten, in denen sie ihre Köstlichkeiten abgepackt hat.

Einen Riesenumsatz könnten Glühweinstände machen - doch der wird kaum verkauft. Dafür gibt es Brat- und Pferdewurst. Das wärmt die Verkäufer dann auch von innen, wenn der mitgebrachte heiße Tee ausgetrunken ist. Inzwischen ist es zehn vor elf. Die Kirchenglocken rufen zum Gottesdienst. Aber auf dem Markt bleibt es auch weiterhin geschäftig.

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