Politik will mehr Hilfe für Flüchtlinge

Mit einem Konzept zur ambulanten Versorgung traumatisierter Kinder beschäftigt sich der Kreisgesundheitsausschuss.

Politik will mehr Hilfe für Flüchtlinge
Foto: dpa/Ina Fassbender

Die meisten Tage verbringt Karim R. im Bett. Dann holen sie ihn wieder ein, die Erinnerungen an all das, was er in den Wochen und Monaten vor seiner Flucht in der Heimat erleiden musste. Sprechen kann der Afghane über seine traumatischen Erlebnisse bis heute nicht. „Wir wissen nur, dass er für die Bundeswehr aktiv war und dadurch Probleme bekommen hat“, erzählt Martin Sahler vom Caritas-Fachdienst für Integration und Migration.

Nachdem ihm selbst und auch ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuern die seelischen Qualen aufgefallen waren, bekommt Karim R. nun zumindest Medikamente. „Aber damit allein ist den Leuten nicht geholfen. Sie brauchen dringend eine Therapie“, weiß Sahler.

Allerdings sei die psychotherapeutische Versorgung für Flüchtlinge, die an posttraumatischem Stress (PTBS) leiden, ein bislang ungelöstes Problem. Dabei funktioniert die medizinische Versorgung über die Sozialagenturen eigentlich recht gut. Dort allerdings werden nur akute Fälle abgewickelt. Bei psychischen Problemen und chronischen Erkrankungen muss der Amtsarzt des Kreisgesundheitsamtes eingeschaltet werden.

Danach allerdings werde es schwierig. „Es gibt ohnehin kaum Therapieplätze. Dazu kommen noch die Sprachprobleme“, so Martin Sahler. Im Klartext heißt das: Hält der Amtsarzt eine Therapie für sinnvoll, beginnt die Suche nach geeigneten Psychotherapeuten. Die sollten nicht nur mit der Behandlung von Traumafolgestörungen, sondern auch mit der Muttersprache ihrer Patienten vertraut sein. „Trauma-Arbeit kann man nicht übersetzen“, glaubt Sahler, dass in manchen Fällen ein Dolmetscher keine geeignete Lösung sei. Bislang kämen daher für die therapeutische Begleitung von traumatisierten Flüchtlingen nur das Caritas- Therapiezentrum für Folteropfer in Köln und das Psychosoziale Zentrum der Diakonie in Düsseldorf in Frage.

Dort allerdings sei man längst an der Belastungsgrenze angelangt. Lange Wartezeiten von bis zu neun Monaten sind zudem kaum eine Perspektive für Menschen, die ohnehin nicht wissen, ob und wie lange sie bleiben dürfen.

Von posttraumatischem Stress betroffen seien nahezu alle Flüchtlinge aus den Krisengebieten. Vor dem Hintergrund auch im Kreis Mettmann steigender Flüchtlingszahlen seien Posttraumatische Belastungsstörungen längst kein „Randproblem“ mehr, so Sahler. Nicht alle Betroffenen brauchen eine therapeutische Begleitung. Bislang fehle es allerdings an geeigneten Stellen, um das festzustellen und gegebenenfalls Behandlungsalternativen aufzuzeigen.

Einen ersten Anlauf hierzu macht mittlerweile das Kreisgesundheitsamt. Dort befasst man sich seit einigen Monaten mit einem Konzept zur ambulanten Versorgung traumatisierten Kinder und Jugendlicher. „Wir wollen den Bedarf erfassen und schauen, wer welche Hilfe leisten kann“, gibt Antje Arnold einen Einblick in die Planungen.

Die Leiterin des Sozialpsychiatrischen Dienstes kennt die Probleme bei der psychotherapeutischen Versorgung von Flüchtlingen: „Es gibt etliche Fälle, bei denen es nicht ohne Dolmetscher geht. Eine Therapie ist auch ein Problem von Kulturen“, weiß sie. Was die Therapie von Flüchtlingskindern betrifft, gebe es allerdings gute Erfahrungen aus anderen Einrichtungen. Dort werde sehr erfolgreich mit Therapieformen gearbeitet, bei denen die Sprache nicht im Mittelpunkt stehe.

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