Hildener Stadtgeschichte: Bilder flimmern im Pferdestall

100 Jahren wurde mit dem „Theater lebender Photographien“ das erste Kino in Hilden eröffnet.

Hilden. In einem ehemaligen Pferdestall wurde vor 100 Jahren Hildens erstes Kino eröffnet. Gründer Karl Bernatzky lud am 26. Februar 1910 Gäste zu einer "Seperatvorstellung" in sein "Theater lebender Photographien" an der Mittelstraße 37-39 ein. "Die Bilder gelangen vortrefflich und das Publikum zeigte sich recht befriedigt über das Gesehene", schrieb damals das Rheinische Volksblatt und schloss mit der Prognose: "Das Unternehmen wird zweifellos hier Interesse finden."

Die Zeitungsmacher von damals behielten Recht. Auch 100 Jahre später gibt es in Hilden noch ein Kino: die Lux-Lichtspiele an der Benrather Straße 20. Auch das läuft erfolgreich. "Im vergangenen Jahr hatten wir 65 000 Besucher, das war ein Anstieg um 15 Prozent", sagt Geschäftsführer Friedrich Gerber. Er übernahm das Kino vor vier Jahren und reihte sich damit in die Liste der Hildener Kino-Besitzer ein. Pionier war jener Karl Bernatzky, ein ehemaliger Clown, Kunstreiter und Wanderkinobesitzer, der 1910 nach Hilden kam.

Die Hildener nahmen das Kino auf dem Hintergelände der Häuser Mittelstraße 37-39 (heute H&M und Deichmann) gut an. Kaum ein Jahr später wurde es renoviert und auf 800 Plätze erweitert. "Bald hatte es eine eigene Kapelle zur musikalischen Untermalung. Teilweise übernahm auch die Feuerwehrkapelle diese Aufgabe", schrieb Stadtarchivar Wolfgang Antweiler zum 85-jährigen Bestehen des Kinos. Werbung machte Bernatzky mit einem Reklamewagen, der von Schimmel Max gezogenen wurde.

Für Eintrittspreise zwischen 30und 70 Pfennig waren teilweise hochaktuelle Filme zu sehen. So kündigte Bernatzky nur zehn Tage nach dem Untergang der Titanic eine "Grosse Familien-Vorstellung" an: "Zum Untergang der Titanic bringe ich ein höchst interessantes Bild: Signalisieren der nahenden Eisberge, schwimmende Eisberge, die Dampferfahrt zwischen Eisbergen, Untergang des Ozean-Dampfers."

Bernatzky betrieb in Hilden mehrere Einrichtungen. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg gründete er im Kaisersaal des Gasthofs Frisch an der Gabelung (Mittelstraße 19) das Eden-Theater. Das zeigte zunächst Operetten. Antweiler: "1925 wurde es in Alhambra umbenannt, und Bernatzky kündigte an, er werde dort abwechselnd Theater, Konzerte und Lichtspiele ersten Ranges vorführen."

Im Hotel zur Krone an der Mittelstraße 17 wurde am 5. Juni1919 das Kino "Moderne Lichtspiele" eröffnet. Anfang1926 wechselte der Besitzer - und der Name. Das "Central-Theater" wurde 1932 von Bernatzky übernommen, der es als "Hildener Volkstheater" eröffnete. Gleichzeitig gab er sein "Theater lebender Photografien" auf und vermietete es an einen auswärtigen Kinobetreiber. Wenige Monate später übernahm er es wieder und baute eine neue Tonfilmapparatur ein.

Am 22. Juni 1934 starb Bernatzky. Seine Frau übernahm Alhambra und Hildener Volkstheater. Das Theater lebender Photografien wurde 1938 verkauft, in Capitol und schließlich in Gloria umbenannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten britische Truppen das Kino. Antweiler: "Es stand über zehn Jahre nur in beschränktem Umfang, nämlich nur nachmittags zur Verfügung, während es abends den Briten vorbehalten war." Ende Juli 1975 wurde das Gloria geschlossen.

An der Benrather Straße 20 wurden die Corso-Lichtspiele am 7. April 1951 eröffnet. Im ersten Film flimmerte Johannes Heesters in "Nachtfalter" über die Leinwand. 1963kam für das Corso das Aus, und die Zeit der Lux-Lichtspiele war gekommen. Geht es nach dessen Geschäftsführer ist die auch noch lange nicht abgelaufen. Ganz im Gegenteil. Gerber investiert gerade in die Zukunft des Kinos. "Bis zum Sommer wollen wir auf Digital- und 3D-Technik umstellen."

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