Projekt: Schüler blicken durch eine Rauschbrille

200 Haupt- und Realschüler erfahren von Polizei, Blauem und Rotem Kreuz hautnah, was zu viel Promille im Blut mit ihnen anstellen.

Haan. Leonard, Melissa und Rafaela schwanken. Sie strecken die Arme seitlich aus, um das Gleichgewicht zu halten. Die auf dem Fußboden des Klassenraums ausgelegten Fußspuren treffen sie nicht, den ihnen zugeworfenen Ball fangen sie erst beim zweiten oder dritten Versuch, und beim Händeschütteln greifen sie auch schon einmal daneben.

Nein, diese Schüler sind nicht schon am Vormittag betrunken. Aber sie sollen wissen, wie das ist, wenn sie die Kontrolle verlieren, weil sie zu viel Alkohol trinken. Und was zu tun ist, wenn ihre Freundinnen oder Freunde beispielsweise viel zu viel getrunken haben, bewusstlos am Boden liegen, nicht mehr ansprechbar sind.

Die Hauptschule zum Diek und die Emil-Barth-Realschule haben am Montag zum ersten Mal gemeinsam ein Projekt zum Thema Alkohol organisiert. 200 Schüler wurden an acht verschiedenen Stationen im Schulgebäude informiert, aufgeklärt und angeleitet.

„Das ist voll komisch“, sagt Rafaela und zieht sich die Brille ab. „Ich habe alles doppelt gesehen. Mir war ganz schwindelig.“ Ihren Klassenkameraden geht es nicht besser. Dabei ist die Erfahrung mit den Rauschbrillen nur ein Baustein von vielen, um die Schüler mit den Auswirkungen und Folgen des Alkoholkonsums vertraut zu machen.

„Die Schüler sollen erfahren, dass dann ein normales Verhalten nicht mehr möglich und beispielsweise ihre Fahrtüchtigkeit eingeschränkt ist“, sagt Claudia Frei. Die Sonderpädagogin und Beratungslehrerin hat das Projekt mit Elke Schop und Schulsozialpädagogin Anja Bonak de Yanez organisiert.

„Und wir wollen den Jugendlichen die Angst nehmen, einzugreifen“, sagt Frei. „Einen Krankenwagen zu holen hat oft weniger Auswirkungen, als dem Freund aus Angst vor der Reaktion der Eltern nicht zu helfen“, sagt sie. Schließlich drohen bei einer Alkoholvergiftung Kreislaufkollaps, Ersticken und Organversagen, wenn schon Schäden vorhanden sind.

Dass unter den Acht- und Neunklässlern Schüler sind, die noch nie Alkohol getrunken haben, hält sie für eine Ausnahme. „Sicher gibt es einige Mädchen und Jungen, die sehr behütet aufwachsen. Aber der Großteil macht in der achten und neuen Klasse seine ersten Erfahrungen mit Alkohol.“

Kriminalhauptkommissar Klaus Fitzner vom Kommissariat Prävention und Opferschutz erklärte den Jugendlichen zum Beispiel, wann sie nicht mehr aus Spaß trinken, sondern abhängig sind. Einen Klassenraum weiter hat Raphael Harlos vom DRK Haan eine große Decke auf dem Boden ausgebreitet. Er zeigt den Mädchen und Jungen, wie sie ihre Freunde im Notfall warmhalten, in die stabile Seitenlage bringen und davor schützen zu ersticken.

„Ihr solltet Euren Freund oder Eure Freundin an der Schulter fassen, leicht schütteln und laut ansprechen“, empfahl er. Vom Versuch, die Bewusstlosigkeit mit kalten Wasser zu beenden, riet er ab. „Dann kühlt derjenige ja noch mehr aus“, sagt er.

Hasiba und Isabel (15) überlegen noch, ob sie eine der „Rauschbrillen“ aufsetzen sollen. Die Station bei Elke Schop ist ihre zweite an diesem Vormittag. Alkohol haben sie natürlich auch schon einmal getrunken. „An Silvester“, sagt Isabel. Der Vormittag gefällt ihnen. Und sie wissen jetzt beispielsweise, wie viel Alkohol welches Getränk enthält und ab wann jemand als süchtig gilt.

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