Wiedenhof: Gastfreundschaft in dritter Generation

Jubiläum im Wiedenhof: Seit 50 Jahren ist die Kneipe in Gruiten Dorf im Besitz der Familie Ritzenhöfer.

Gruiten. Helga und Franz Ritzenhöfer bekamen 1961 ein Angebot, das auch 50 Jahre später im Zentrum der Familie steht. Prälat Bernhard Marschall bot ihnen den Wiedenhof in Gruiten Dorf zur Pacht an. Ein paar Häuser weiter betrieb das Ehepaar damals eine Bäckerei. Sie überlegten nicht lange und griffen zu.

In diesem Jahr wird Jubiläum gefeiert — seit 50 Jahren ist die Kneipe im Besitz der Familie. Tochter Angelika Thomas (62) übernahm 1990 den Betrieb. Aber Helga Ritzenhöfer kann ihren Wiedenhof nicht komplett freigeben. Immer wieder schaut die 88-Jährige nach dem Rechten — gerne auch mal unangemeldet. Zu Fuß, mit Rollator-Unterstützung, legt sie die Strecke von ihrer Wohnung an der Fliederstraße bis zum Dorf zurück. „Meine Mutter hängt sehr an dem Wiedenhof“, sagt Angelika Thomas.

Das gilt für sie genauso. Auch in schwierigen Zeiten hatte sie einen Gedanken nie: aufzugeben. „Dafür hat mein Vater hier zu viel investiert.“ Anfang der 1970er-Jahre kauften er und seine Frau das Haus, in dem der Wiedenhof liegt. Der angrenzende Saal wurde an die Kirche abgegeben. „In den Anfangsjahren gehörte er noch zur Kneipe. Dort wurden größere Veranstaltungen abgehalten“, erinnert sich Thomas. Vor 40 Jahren wurde dann eine Wand zwischen dem heutigen Pfarrsaal und dem Wiedenhof gezogen.

„Mein Vater hat die ganzen Renovierungsarbeiten selbst gemacht“ — sie zeigt auf die Decke. „Ich weiß noch, wie er hier stand und gestrichen hat.“ Auch die Holzmöbel erinnern sie an Franz Ritzenhöfer. Die Einrichtung hat sich in den 50 Jahren nicht großartig verändert. Nur der alte Kanonenofen, der in der ersten Zeit für Wärme sorgte, steht heute nicht mehr neben der Bar.

Als der Vater 1976 starb, übernahmen seine Frau und die Tochter den Wiedenhof. Thomas: „Seitdem haben die Frauen das Sagen.“ Auch ihre Töchter Karin (34) und Anja (39) helfen manchmal aus. Anja Thomas übernahm die Kneipe 1994 sogar komplett, allerdings musste sie nach vier Jahren aufgrund einer Erkrankung aufgeben.

Etwas anderes spielte bei der Entscheidung sicherlich auch eine Rolle: „Meine Schwester versuchte mal etwas Neues, bot auf der Speisekarte Pute oder Steak an. Eigentlich nichts wahnsinnig Außergewöhnliches“, sagt Karin Thomas: „Für die Gruitener war das nichts. Die wollen lieber Schnitzel und Hausmannskost.“

Mittlerweile gibt es keine Küche mehr. Aber dafür können die Gäste ihre eigene Stulle mitbringen. „Wir bieten sozusagen die Bewirtung zum eigenen Picknick“, sagt Angelika Thomas über das Konzept. Das komme bei den Stammkunden zwar gut an, aber die Gäste blieben heute immer öfter aus. „Die Alten sterben weg, und es kommen nur wenig Neue nach“, sagt die 62-Jährige. Ihre Tochter fügt hinzu: „Die junge Generation arbeitet in der Großstadt und geht auch dort ein Bier trinken.“

Früher sei das anders gewesen. Angelika Thomas erinnert sich gut an die Zeit, als die Düssel noch nicht umgeleitet war, und es regelmäßig zu Überschwemmungen im Dorf kam. „Da hat sogar die Feuerwehr bei uns ein Bier getrunken, nachdem sie das Wasser abgepumpt hat.“ Aufgeben kommt für sie dennoch nicht in Frage. Ihre Töchter möchten den Wiedenhof nicht mehr übernehmen. Deshalb setzt Angelika Thomas jetzt auf den jüngsten weiblichen Nachwuchs in der Familie: ihre Enkelin Celina (9).

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