Zu zweit gegen das Alleinsein

Heinz Hedrich ist einer von 16 ehrenamtlichen Helfern, die einsame Menschen besuchen. Für Ilse Kalinowski ist er ein echter Freund.

Langenfeld. Seit mehr als 40 Jahren Jahren ist Heinz Hedrich glücklich verheiratet, vor zwei Jahren trat eine weitere Frau in sein Leben. Ilse Kalinowski ist 80 Jahre alt — und hat offensichtlich die Hosen in der Beziehung an.

„Er ist mein Schatz“, sagt sie mit einem Augenzwinkern und kneift Hedrich liebevoll in seinen Oberarm. Der 68-Jährige reagiert mit einem Schmunzeln und ergreift ihre Hand. In ihrer gemeinsamen Zeit bestimmt sie, was gemacht wird. „Ich sitze am liebsten im Café, trinke einen Kaffee und klöne mit Heinz“, sagt die Seniorin mit zittriger Stimme.

Was als ehrenamtliche Tätigkeit begann, entwickelte sich bei den beiden schnell zu einer Freundschaft. Vor zwei Jahren kam Hedrich zu den Langenfelder Maltesern, um einen Selbsthilfekurs zu absolvieren. Die Malteser machten den pensionierten Busfahrer auf den Besuchs- und Begleitdienst aufmerksam. Es würden dringend Ehrenamtler gesucht, die Menschen aus ihrer Isolation holen.

Der Kontakt zu Ilse Kalinowski wurde hergestellt, seitdem besucht der 68-Jährige sie einmal wöchentlich. „Bei uns hat es gleich gepasst“, sagt Ilse Kalinowski. „Ich freue mich jede Woche auf seinen Besuch. Wenn er später kommt, werde ich immer ganz unruhig.“ Mittlerweile haben die beiden schon jedes Café in der Umgebung erkundet. Manchmal vergehen drei, vier Stunden bei einem Kaffee. „Wir machen das, was sie möchte“, sagt Hedrich, die Hand der Seniorin noch immer umschlungen.

Ilse Kalinowski hat zwei Söhne. Beide sind berufstätig und haben daher wenig Zeit. „Wenn sie nicht können, springt Heinz ein“, sagt die 80-Jährige. Er hilft ihr im Haushalt, hängt Bilder auf oder übernimmt Telefonate. Den Sohn ersetzen möchte Hedrich aber nicht. „Ich bin ein Freund, nichts weiter“, sagt Hedrich. Und als Freund wurde er auch zu Kalinowskis 80. Geburtstag eingeladen. „Da durfte er nicht fehlen“, sagt die Seniorin.

In ihrem Seniorenheim findet sie hingegen wenig Anschluss. „Die meisten sind mit ihren eigenen Problemen beschäftigt“, sagt sie. „Mit vielen kann man sich wegen des Alters gar nicht mehr unterhalten.“ Auch die Pflegerinnen und Krankenschwestern haben wenig Zeit. „Die sind völlig überlastet.“ Für einen Plausch findet sich keine Gelegenheit. „Sie tun ihr Bestes, aber die Zeit reicht einfach nicht.“ Wenn nun auch noch die Zivildienstleistenden wegfielen, verschlimmere sich die Situation noch. „Da werden ehrenamtliche Besucher immer wichtiger“, sagt Hedrich.

Von einem Besuchsdienst ist bei Hedrich und Kalinowski schon lange keine Rede mehr. Der Rentner besucht Kalinowski, weil sie ihm „ans Herz gewachsen“ ist. „Aus Langeweile mache ich das nicht. Ich habe einen Garten, fahre gerne Fahrrad und treibe viel Sport.“ Wenn er nicht wollte, könnte er einfach „Tschüss“ sagen, meint Hedrich. Doch seine Mittwochnachmittage gehören Ilse. „Bis zu meinem Tod wird mein Heinz mich besuchen kommen“, sagt Kalinowski.

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