Die GWG gibt sich aufmüpfig

Transparenz ist Mangelware, der Geschäftsführer stellt sich bei Entscheidungen gegen die Stadtmutter.

Die GWG gibt sich aufmüpfig
Foto: A. Blazy

Wülfrath. Die strahlenden Gesichter mochten einen ganzen Raum erleuchten. Vor genau einem Jahr stellte Bürgermeisterin Claudia Panke den neuen Geschäftsführer der GWG, André Clasen, der Öffentlichkeit vor. Offen trat man für die Lösung eines Kombi-Geschäftsführers von Velberter Wobau und Wülfrather GWG ein. Das war’s dann aber auch mit Offenheit und Transparenz für das mehrheitlich in öffentlicher Hand befindliche Unternehmen. „Ich werde mir erst mal alles anschauen und die ersten Monate öffentlich gar nichts sagen“, sagte Clasen. Dabei blieb es.

Dass eine 85-prozentige Tochter der Stadt, also aller Wülfrather Bürger, sich ins stille Kämmerlein verabschiedet und nichts erklären wollte zum geschäftsflichen Tun, ist erstaunlich. Das kann man, wenn schon nicht billigen, so doch zumindest nachvollziehen, denn die GWG hatte heikle Fälle auf der Tagesordnung. Die Wohnungsbaugesellschaft prüfte intern eine Klage gegen zwei ehemalige Geschäftsführer. Nach Erkenntnissen der jetzigen Geschäftsführung sollen im Jahr 2008 Scheinverträge mit einer Wülfrather IT-Firma getätigt worden sein, bei denen die städtische Wohnungsbaugesellschaft keine Gegenleistungen erhalten haben soll.

Clasen drängte, vor der Gesellschafterversammlung zu klagen. Eine Entscheidung gibt es bis heute nicht — schon gar keine öffentliche. Vielleicht auch deshalb, weil die GWG vorsichtig geworden ist. Eine zweite Klage lief gegen die beiden Ex-Chefs auf Schadenersatz, weil das Duo das Grundstück Goethe-/Schillerstraße zu teuer gekauft habe, eine Haftung für den Käufer ausschlossen und die GWG später Sanierungskosten von einer halben Million Euro verkraften musste.

Die Klage der GWG wurde vom Landgericht abgewiesen, weil die Ansprüche abseits der juristischen Würdigung verjährt sind. Clasen informierte die Gesellschafterversammlung nicht — die Öffentlichkeit natürlich auch nicht. Die Mitglieder lasen es dann in der Presse. Das führte zu Unmut bei den Parteivertretern in der Gesellschafterversammlung Anfang der Woche, bestätigt ein Teilnehmer.

Das Murren ist ohnehin seit langem spürbar. Seit Clasen die Sanierungs- und Umbaupläne diverser Mehrfamilienhäuser in der Wülfrather Innenstadt in den Ausschüssen vorstellte, sahen sich einige Ratsherren genötigt, darauf hinzuweisen, dass es nicht genügend preiswerten Wohnraum gibt. Clasen mochte nicht das Igitt-Wort „Sozialer Wohnungsbau“, bei dem man nicht so viel verdienen kann wie im freien Wohnungsbau.

Einstimmig verabschiedeten SPD, CDU, WG, Grüne, FDP und Linke trotzdem die Verpflichtung der GWG, künftig deutlich mehr auf preiswerten Wohnraum zu setzen. Es war die erste Schraubzwinge, die die Politik dem GWG-Geschäftsführer anlegte. So soll Clasen als Chef eines öffentlichen Unternehmens nun das machen, was gesamtstädtisch notwendig erscheint.

Es wird nicht die letzte Disziplinarmaßnahme sein, die die für viele „ungezogene Tochter“ der Stadt über sich ergehen lassen wird müssen. Seit Langem will die Stadt aus nachvollziehbaren Gründen ein neues Abfallkonzept. Ein Punkt ist der Umstieg vom Sack auf die Tonne. Trotz des ganzen Hin und Hers ist die Politik mehrheitlich für den Wechsel. Einer wird da aber nicht nur überzeugt, sondern möglicherweise gezwungen werden müssen: Andre Clasen, denn die GWG arbeitet bei ihren fast 800 Mietwohnungen fast nur mit Abfallsäcken.

Bürgermeisterin Claudia Panke wird in Zukunft mit der Politik auf die GWG, sprich Clasen, einwirken müssen, wenn der Beschluss umgesetzt werden soll. Denn: Ein sich sträubendes Tochter-Unternehmen, das das Gegenteil dessen macht, was die Stadt-Mutter beschlossen hat, wirkt unglaubwürdig. Wie soll man das denn den anderen Haus- und Wohnungsbesitzern erklären?

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