Rainer Oetting - der Herbergsvater von Velbert

Rainer Oetting leitet seit drei Jahren die Jugendherberge Am Buschbaum. Er sieht sich vor allem als Verwalter.

Velbert. Maria und Josef hätten auch in dieser Herberge keine Unterkunft bekommen: „Über Weihnachten haben wir immer geschlossen“, sagt Rainer Oetting, „aber ich hätte ihnen das Klinikum Niederberg empfohlen, die haben einen guten Kreißsaal.“ Ansonsten sei die Jugendherberge Am Buschberg aber für alle offen, betont der 44-Jährige, der das Haus seit 2009 leitet.

„Aufenthalte in Jugendherbergen sind Erlebnisse, die man sein Leben lang behält“, weiß Oetting, „besonders bei Klassenfahrten.“ Aus den Zimmern im fünften Obergeschoss bietet sich ein Blick über die Stadt und das Ruhrgebiet — bei gutem Wetter bis zum Gasometer Oberhausen. Jedes Zimmer ist behindertengerecht und hat ein eigenes, vom Schlafraum abgetrenntes Bad.

Flurduschen gehören der Vergangenheit an, ebenso Schlafsäle: Hier gibt es maximal Vierbettzimmer. Hinzu kommen Aufenthaltsräume, die auch mal zum Kinosaal werden, ein Kaminzimmer mit einer Wandmalerei der Alten Kirche, Kegelbahn, Kellerbar sowie Spielplatz und Grillhütte im Außengelände.

Heimleiter Rainer Oetting wuchs in Köln auf, ist studierter Betriebswirt und gelernter Garten- und Landschaftsbauer. Bevor er nach Velbert kam, um mit seiner Lebensgefährtin und den drei Kindern das Jugendgästehaus und die dazugehörige Seminarstätte zu übernehmen, verwaltete Oetting die Jugendherberge in Wuppertal.

Das Berufsbild sei vielfältig, habe sich aber gewandelt, sagt er: „Wir sind im Wesentlichen Verwaltungskräfte. Dass wir Gäste beim Kartoffelschälen beaufsichtigen, ist schon lange vorbei.“ Trotzdem ist Oetting als „Herbergsvater“ weiterhin in direktem Kontakt mit den Besuchern: „Ein Herzlich-willkommen-Umfeld ist das Wichtigste und Offenheit gegenüber den Menschen eine Grundvoraussetzung für diesen Beruf. Wir haben hier keinen anonymen Durchlauf.“

Dennoch stünden die Jugendherbergen nicht nur für günstige Übernachtungen (ab 14,50 Euro mit Frühstück), „sondern auch für den pädagogischen Anspruch. Selbst als man noch auf Strohbetten geschlafen hat, waren die Herbergen schon didaktisch ausgerichtet.“ So bietet das Velberter Haus unter anderem ein Seminar zur Berufswahlorientierung an: „Ich habe während meiner Tätigkeit als Berufsschullehrer festgestellt, dass sich viele Jugendliche in Ecken wiederfinden, in die sie nicht gehören und lernen müssen, ihre Stärken und Schwächen einzuschätzen“, sagt Oetting.

Neben Musicalworkshops und Sportangeboten wie Slackline, einer modernen Form des Seiltanzes, gibt es Naturerlebnisprogramme mit einer Falknerei: „Die Teilnehmer bauen ein Camp aus Material, das sie im Wald finden, und erleben Greifvögel vor Ort.“

Der 44-Jährige möchte das Haus auch in Velbert präsenter machen, zum Beispiel durch Chorkonzerte. Schließlich proben häufig Musiker in der Herberge — vom Tamburinorchester über Teilnehmer des Internationalen Gitarrenwettbewerbs bis zu Opernsängern, die im Forum Niederberg auftreten: „Dann herrscht hier eine wunderbare Klangatmosphäre“, sagt Oetting, der zur Not mit Instrumenten aushelfen kann — darunter „ein Klavier und ‘ne Triangel“.

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