Schnäppchenjagd am Rathaus

Was in den vergangenen zwei Jahren beim Fundbüro gelandet ist, wurde gestern auf dem Parkdeck versteigert.

Velbert. Mit geübten Griffen fingert er am aufgeklappten Verdeck, prüft Stabilität und schließlich auch die Bereifung. Haysan El Molla unterzieht den beigen Kinderwagen nicht nur einer optischen Kontrolle.

Sein Interesse ist unübersehbar. 20 Minuten später kann es jeder der rund 135 Leute im Parkdeck im Innenhof des Rathauses erkennen: Da schnellt sein Arm in die Höhe, bis er den Zuschlag erhält. Neun Euro muss er für den Kinderwagen bezahlen.

Mehr als 230 Einzelteile kommen an diesem Vormittag unter den Gummihammer, den zum ersten Mal Astrid Weber, die Leiterin der Abteilung Bürgeramt, schwingt. Zuvor war das nahezu 30 Jahre lang das Metier von Norbert Peter.

Der ist nun pensioniert, stattet der Fundsachenversteigerung der Stadt Velbert aber einen Besuch ab. Den ausgefallensten Gegenstand, den er versteigert hat? „Das war das Gebiss“, sagt er.

So etwas kann Astrid Weber nicht aktuell nicht anbieten. Aber ein Feuerlöscher, eine Schubkarre und eine einzelne Krücke mit türkis-farbenem Griff werden ebenfalls nicht jeden Tag im Fundbüro abgegeben.

Groß ist die Zahl der zumeist gut erhaltenen Fahrräder: Kinder-, Damen-, Trekking- oder Mountain-Bikes — 38 Zweiräder lagerten in den Räumen der Servicebüros, abgegeben von ehrlichen Findern, aber nicht abgeholt. Nicht alle wechseln an diesem Dienstag den Besitzer. Die Leute sind anspruchsvoll.

Das gepflegte Jungenrad „Streetfighter“ bringt gerade einmal neun Euro. Das Herrenrad, das Siegmund Halten, Leiter Fachbereich Servicebüros Neviges/Langenberg, als erstes hoch hält, erhält gar kein Gebot. Auch die Schubkarre, die für 20 Euro aufgerufen wird, bleibt erst einmal ein Ladenhüter.

Dagegen muss Astrid Weber überrascht feststellen, dass ein klassisches Gas-Feuerzeug Marke Zippo nicht nur was für „alte Raucher“ ist, wie sie bei der Vorstellung mutmaßte. Gerade einen Euro wollte sie haben, neun wurden es schließlich.

„Ist das nicht furchtbar, dass auch Kinderwagen versteigert werden?“, fragt Besucherin Ingrid Hedicke. Das kann sie sich gar nicht erklären. Haysan El Molla stört’s nicht. Als sein Objekt der Begierde aufgerufen wird, ist er hellwach.

„Eine Kinderdecke ist auch dabei“, wirbt Weber, „aber ein Kind wurde nicht mit abgegeben.“ „So ein Kinderwagen-Modell haben wir schon“, sagt El Molla, als er den Zuschlag erhält. Für neun Euro soll es der Ferienwagen für Töchterchen Suraya werden.

Und der Velberter bleibt aufmerksam. Er muss aufpassen, was Astrid Weber über die blechern-scheppernde und vermutlich nur zu einem Niedrigpreis zu versteigernde Lautsprecheranlage anpreist. Das Nokia-Handy (neun Euro) reizt ihn weniger, ein HTC-Smartphone (am Ende 14 Euro) schon eher.

Den Zuschlag erhält er schließlich noch für ein Tomtom-Navi: 24 Euro ist es ihm wert. Er lächelt. Das tut auch sein Bruder Youssef, der für drei Euro einen Rucksack samt Inhalt ersteigert hat — zwei Karnevalsperücken. „Willst Du die kaufen?“, fragt er. Kein Interesse. So jeck bin ich auch nicht.

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