Weberei „David Peters & Co.“: 130 Jahre in Familienhand

In fünfter Generation wohnt die Familie Häger in einem Haus, gebaut von der ehemaligen Weberei David Peters.

Neviges. Während viele Siedlungen in Neviges erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, stammt das älteste, systematisch angelegte Quartier um die Gustavstraße aus der Zeit der Jahrhundertwende.

Die Weberei „David Peters & Co.“, die bereits Jahre vor der staatlichen Sozialgesetzgebung unter Bismarck ein modernes Sozialhilfesystem etabliert hatte, gründete 1879 eine „Prämienkasse für Hauserwerb“, um Arbeitern und Angestellten den Kauf eines eigenen Häuschens zu ermöglichen. „Gut, bequem, gesund“ sollten die Gebäude sein, „den Gewohnheiten der Arbeiter angepasst“ und „zu niedrigem Preise“ zu haben.

Für die Anschubfinanzierung stellten die Brüder Gustav und Julius Lucas, Cousins von Firmenchef David Peters III., die 1878 aus dem Unternehmen ausschieden, ihr Firmenkapital zur Verfügung. Sowohl die Straßen des neuen Viertels — Gustav- und Lucasstraße — wie auch die beiden angebotenen Haustypen wurden nach den Sponsoren benannt: Das „Julius-Haus“ besaß 48 Quadratmeter Wohnfläche, einen 35 Quadratmeter großen Garten und kostete 2000 Mark, das „Gustav-Haus“ fiel mit 57 Quadratmetern plus 120 Quadratmetern Garten für 2750 Mark etwas größer aus.

Durch Zuschüsse aus der Prämienkasse konnte die finanzielle Belastung der Käufer auf das Maß der damals üblichen Miete begrenzt werden: Das eigene Häuschen wurde erschwinglich und war nach 17 Jahren abbezahlt.

Weitere, auch größere Häuser für Angestellte, entstanden auf dem „Petersberg“ genannten Hang unter anderem an Jahnweg (heute Zum Jahnsportplatz), Lukasstraße und Bismarckstraße (heute Jacob-Lüneschloß-Straße), bis zum Jahr 1908 insgesamt 46 Gebäude.

Einer der Erwerber war am 7. Juni 1898 Peters-Mitarbeiter Albert Tex: Urenkelin Thea Häger hat den Kaufvertrag für das Häuschen in der Gustavstraße bis heute gut aufbewahrt. Großeltern, Eltern und ein Onkel wohnten dort, bevor sie es 1972 mit Ehemann Klaus übernahm.

„Wir haben es damals in Eigenleistung zwei Jahre lang komplett renoviert und umgebaut“, erinnert sich der pensionierte Polizeibeamte — wie es fast allen Häusern im Laufe der Jahre erging: Die Fassade — ausgemauertes Fachwerk — blieb in der Regel erhalten, doch im Innern wurden die Räume den heutigen Vorstellungen angepasst. Das Dachgeschoss erhielt größere Gauben, die beiden winzigen Zimmer wurden deutlich erweitert.

Mit den drei inzwischen erwachsenen Söhnen lebte schon die fünfte Generation in dem Familienwohnsitz, dessen Garten unmittelbar an den alten Sportplatz grenzt. „Es war nach heutigen Maßstäben vielleicht nicht viel Platz im Haus“, sagt Thea Häger, aber das sei relativ: „1950 wohnten hier fünf Erwachsene und zwei Kinder — und da war das Haus noch nicht ausgebaut.“ Auch an das Plumpsklo, das es damals im Keller gab, erinnert sich die 61-Jährige noch gut.

Für ihre Kinder hätte es keine bessere Wohngegend geben können, meint die Nevigeserin mit Blick auf die ruhige und doch stadtnahe Lage mit Spielplatz und Sportplatz gleich vor der Tür. Und auch Ehemann Klaus wohnt gern im Quartier, in dem jeder jeden kennt: „Viele Häuser sind bis heute in Familienbesitz“, weiß der 68-jährige ehemalige Nevigeser „Dorf-Sheriff“.

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