Ratingen hat die wenigsten, Velbert die meisten Schuldner

39 000 Menschen im Kreis Mettmann gelten als überschuldet. Das sind 800 weniger als im Vorjahr.

Kreis Mettmann. Die neuen Möbel waren noch nicht bezahlt, als der große Flachbildfernseher angeschafft wurde. Der Urlaub wurde auf „Pump“ finanziert. Und das Shopping im Internet ist nicht nur bequem, sondern auch so einfach — schließlich fließt kein Bargeld. Allerdings verliert man dabei schnell den Überblick, wie Brigitte S. schmerzhaft erfahren musste. Nicht bezahlte Rechnungen, überzogenes Konto, keine neuen Kredite: Die Schuldenspirale drehte sich für die 43-Jährige immer schneller. Jetzt sitzt sie auf knapp 40 000 Euro Schulden und hofft auf eine Privatinsolvenz.

So wie Brigitte S. geht es vielen anderen auch: Rund 39 000 Menschen im Kreis Mettmann, die älter als 18 Jahre alt sind, werden als „überschuldet“ eingestuft. Sie haben insgesamt einen Schuldenberg von 900 Millionen Euro aufgetürmt — im Schnitt 23 000 Euro pro Kopf. Das hat die Wirtschaftsauskunft Creditreform festgestellt. Zwar ging die Zahl der Schuldner im Vergleich zum Vorjahr um 800 zurück und auch die Schuldensumme schrumpfte um 180 Millionen Euro, doch bei den überlasteten örtlichen Schuldnerberatungsstellen ist das kein Grund zum Durchatmen.

Experten führen den Rückgang bei den Verbraucherinsolvenzen (bis zum Jahresende werden rund 590 private Insolvenzen erwartet, im vergangenen Jahr waren es 661) darauf zurück, dass viele Schuldner auf die geplante Verkürzung der „Wohlverhaltensperiode“ warten, um dann zu einem schnelleren Schuldenabbau zu kommen. Werden diese Pläne umgesetzt, schießt die Zahl der Privatinsolvenzen wieder hoch.

Im Kreis Mettmann hat sich bei den Schuldner-Quoten ein Gefälle von West nach Ost herausgebildet: Entlang der Rheinschiene sind die Quoten fast durchweg im grünen Bereich (Ausnahmen: Hilden, Monheim und die Ratinger Stadtteile Tiefenbroich und West). Die Städte im Bergischen — Heiligenhaus, Wülfrath und Velbert — fallen dagegen durch überdurchschnittliche Schuldner-Quoten auf. „Klassenbester“ im Kreis ist Ratingen, gefolgt von Langenfeld und Mettmann mit einem Schuldneranteil von 7,5 bis 7,8 Prozent. Heiligenhaus, Wülfrath, Monheim liegen zwischen zehn und elf Prozent, Schlusslicht — auch in der ganzen Region (Kreis Mettmann, Düsseldorf, Kreis Neuss) — ist Velbert mit einer Schuldnerquote von 12,75 Prozent.

Diese Zahlen sind Durchschnittswerte für die Städte. Zwischen den einzelnen Stadtteilen gibt es teilweise erhebliche Unterschiede bei der Überschuldung. Kreis- und regionalweit an der Spitze liegt die kleine Siedlung Obschwarzbach zwischen Mettmann und Wülfrath mit einer Schuldnerquote von 3,5 Prozent, dicht gefolgt von Ratingen Homberg (3,9), Mettmann Metzkausen (4,1) und Velbert-Langenhorst (4,4). Negative Spitzenreiter sind Erkrath Alt-Hochdahl (13,7 Prozent), die Velberter Stadtteile Bonsfeld, Birth und Kostenberg (14 bis 17 Prozent) und das ländliche Nord-Erbach in Wülfrath (20,5 Prozent).

Für bedenklich halten die Experten den Trend, dass der Anteil der besonders hoch verschuldeten Menschen weiter gestiegen ist. Bei dieser sogenannten „harten“ Überschuldung bietet sich nur noch die Privatinsolvenz als Ausweg an.

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