Eine Brücke am Ortseingang steckt voller Gefahren

Rollstuhlfahrer und Blinde lassen kein gutes Haar an dem neuen Bauwerk am Lintorfer Ortseingang. Es gibt zahlreiche Kritikpunkte.

Lintorf. Die neue Brücke am Lintorfer Ortseingang sorgt schon lange vor ihrer Einweihung und Freigabe für Wirbel. Nachdem sich bereits die Rollstuhlfahrer über das Bauwerk mit seinen langen, steilen Rampen beklagt haben, prangerte gestern der Ratinger Blinden- und Sehbehindertenverein (BSV) die Gefahrenquellen bei der Bauausführung an. BSV-Vorsitzende Marion Höltermann hatte zum Ortstermin kompetente Unterstützung geholt: Norbert Killewald, der Landesbehindertenbeauftragte NRW, und Gerd Kozyk, Vorsitzender des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Nordrhein. Und auch die ließen kein gutes Haar an der Brücke.

Sie bemängelten in erster Linie die steilen Rampen sowie fehlende oder falsch angebrachte Orientierungshilfen für Sehbehinderte. „Diese Rampe macht man mit dem Rollator oder Rollstuhl nur einmal, und dann nie wieder“, stellte Killewald mit Blick auf die lange und starke Steigung fest. „Wer hier oben ankommt, hat keine Kraft mehr. Doch nicht nur der Aufstieg sei ein Problem, sondern auch der Weg nach unten. Killewald: „Ich würde mein Kind hier nicht mit dem Kinderrad runterfahren lassen.“ Er befürchtet, dass auch nicht immer die Rollstühle richtig abgebremst werden könnten. Das Geländer, das gerade auf beiden Seiten der Rampe errichtet wird, würde sich im Gefahrenfall sogar als nachteilig erweisen. „In höchster Not könnte man nicht einmal mehr ins Gelände ausweichen.“

Der Behindertenbeauftragte verwies darauf, dass ein Viertel der Menschen über 65 Jahre von Bewegungseinschränkungen betroffen seien. „Und hier leben bestimmt viele davon. Die Brücke schafft eine Isolation der Siedlung. Die Rampe wäre besser zu meistern, wenn die Steigung durch waagrechte Abschnitte unterbrochen würde, auf denen man sich ausruhen könnte. Es sei nicht wahr, wenn behauptet würde, die Steigung würde der Norm entsprechen. „Die Norm sind solche eingebauten Ruhepunkte.“

Aber auch für Sehbehinderte und Blinde birgt die Rampe ihre Tücken. Kozyk lief mit dem Taststock den Weg ab und wurde zunehmend unsicher: „Es fehlen jegliche Orientierungshilfen. Als Blinder läuft man die Rampe hoch — bis zur Fahrbahn.“ Und an der Treppe fehlen die vorgeschrieben Noppenplatten, die — wie an Fußgängerübergängen — eine Gefahrenstelle signalisieren.

Völlig verwirrend für Blinde ist die Gestaltung der ebenfalls sehr steilen Rampe am Kreisverkehr jenseits der Gleise: Rillenplatten, die für Sehbehinderte eine Leitfunktion haben, sind als Stopper eingebaut oder führen ab vom Weg ins Grüne. Kozyk: „Das ist alles gut gemeint, aber schlecht gemacht.“ Marion Höltermann ärgert sich darüber, dass die Stadt im Vorfeld die Behinderten nicht mit einbezogen hätte. „Wir wurden nie gefragt, dabei habe ich mehrmals eine Beteiligung gefordert.“

Der Behindertenkoordinator der Stadt, Eckhard Löwenstein, bezeichnet die Brücke ebenfalls als „Sorgenkind“. Allerdings sei das Bauwerk in den 1990er-Jahren geplant worden. Damals sei eine Beteiligung nicht üblich gewesen. Und dann habe sich jahrelang gar nichts getan. Außerdem sei es bei drei Bauherren besonders schwierig, irgendeine Änderung durchzusetzen. „Heute dürften die Brücke und auch die Rampen so gar nicht mehr gebaut werden.“ Löwenstein zeigte sich aber auch verärgert, dass kein Vertreter der Stadt zu dem Ortstermin geladen war.

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