Langes Warten auf Winterreifen

Wer jetzt Winterreifen am Auto haben will, braucht viel Geduld: Betriebe und Werkstätten sind auf Wochen hinaus ausgebucht.

Ratingen. Fassungslos schaut Stefan Wiebig den Verkäufer bei Euromasters an. Der zuckt nur die Schultern: „Wir haben circa 1000 Autos, die vor ihnen dran sind. Den nächsten Termin kann ich ihnen um den 8. oder 9. November anbieten.“ „Und was mache ich bis dahin?“, fragt Stefan Wiebig ratlos.

Fallende Temperaturen, rutschige Straßen — da wollte er von Sommerreifen auf Winterreifen wechseln. Aber die Idee hatten noch viele andere auch: Er bekommt überall nur Absagen. „Ich war bei diversen Tankstellen, bei den großen Werkstattketten — überall die gleiche Aussage: Wartezeiten nicht unter zwei Wochen.“

Auch Susanne Keller ist auf der Suche nach jemandem, der ihr Auto auf Winterreifen umrüstet. „Ich komme gerade von ATU“, sagt sie. „Frühstmöglicher Termin: 23. November. Bis dahin bin ich schon dreimal im Graben gelandet! Ich könnte mein Auto morgens bei ATU vorbeibringen und abends abholen. Aber wie soll ich das machen als alleinerziehende Mutter? Ich muss zur Arbeit, meine Tochter in die Ogata. Ich bin auf das Auto angewiesen.“

Die beiden stehen nicht alleine da mit ihren Problemen. Seit Dezember 2010 besteht die Neuregelung der Straßenverkehrsordnung, dass sogenannte M+S-Reifen (steht für „Matsch & Schnee“) Pflicht bei Eis und Schnee, Matsch oder Reifglätte sind.

Der frühe und plötzliche Kälteeinbruch sorgte jetzt am Wochenende überall für lange Warteschlangen in den Werkstätten, Tankstellen und Garagen. Peter Hoppmann von Reifenmontage Hoppmann bei Ratio: „Wir machen den ganzen Tag nichts anderes, als Winterreifen aufziehen. Von morgens bis abends, ohne Pause.“ Auf eins ist er allerdings stolz: „Bei uns haben sie Wartezeiten von anderthalb Stunden aufwärts — keine Rede von mehreren Wochen. Wir konnten bislang noch jedem Kunden helfen.“

Kurt Beier kann das bestätigen. Sein blauer Golf steht auf dem Parkplatz vor der Werkstatt, in knappen zwei Stunden kann er ihn mit frisch aufgezogenen Winterreifen wieder abholen. „Ich geh’ einkaufen und esse eine Kleinigkeit. Dann noch ein Spaziergang durch den Park, und das Auto ist fertig. Ich habe es auch erst bei den großen Ketten versucht, aber da hat man keine Chance!“

Bei Euromaster entscheidet sich Stefan Wiebig derweil kurzentschlossen für den ungewöhnlichen Weg und kauft einen Wagenheber. „Selbst ist der Mann“ grummelt er. „Früher haben wir das ja auch allein hingekriegt.“ Susanne Keller schaut traurig. „Schade, ich kann sowas leider nicht“ Und Stefan Wiebig schaltet blitzschnell: „Also, wenn Sie mir dafür ein Abendessen kochen, dann komme ich mit dem Wagenheber mal bei Ihnen vorbei!“ Kurze Zeit später haben die beiden Nummern ausgetauscht.

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