Streit um die „Bettensteuer“

Der Kämmerer ist für eine gestaffelte Abgabe für Übernachtungen, der Bürgermeister fürchtet dagegen ums Image der Stadt.

Ratingen. Stadtkämmerer Klaus-Konrad Pesch dreht nicht nur jeden Euro zweimal um, bevor er ihn ausgeben will, er ist auch intensiv auf der Suche nach neuen Einnahmequellen. Dass neue Abgaben äußerst unpopulär sind, nimmt er angesichts der Finanzlage der Stadt billigend in Kauf — und legt sich auch mit seinem Chef, Bürgermeister Harald Birkenkamp, an. Um den drastisch verschlechterten Haushalt zu konsolidieren, schlägt Pesch die Erhebung einer „Kultur- und Fremdenverkehrsabgabe“ vor. In diesem Jahr könnte sie noch rund 400 000 Euro, im nächsten Jahr etwa 800 000 Euro in die Stadtkasse spülen.

Erhoben werden soll diese Abgabe („Bettensteuer“) von den auswärtigen Besuchern der Stadt. Sie würden von der guten öffentlichen Infrastruktur und den Zuschüssen der Stadt für Kultur, Fremdenverkehr und Marketing profitieren, ohne sich an diesen Kosten zu beteiligen, argumentiert der Kämmerer. Die Ratinger selbst hätten über die Erhöhungen bei Grund-, Vergnügungs- und Hundesteuer sowie über angehobene Parkgebühren bereits ihren Anteil geleistet.

Pesch schwebt bei der Abgabe ein gestaffelter Steuersatz vor: ein Euro bei Übernachtungskosten bis zu 50 Euro pro Nacht, zwei Euro bei 50 bis 100 Euro Übernachtungskosten und drei Euro pro Nacht im mehr als 100 Euro teuren Hotelzimmer. Das dürfte für die überwiegende Zahl der geschäftlichen Übernachtungsgäste „keine entscheidungsrelevant ins Gewicht fallende Größenordnung sein“, schreibt Pesch in seinem Vorschlag.

Bei durchschnittlich 370 000 kommerziell gebuchten Übernachtungen im Jahr käme dabei eine Summe von circa 800 000 Euro zusammen. „Um diesen Betrag zu bekommen, müsste man etwa 20 Stellen streichen.“ Dass er mit seinem Vorstoß keine Begeisterungsstürme auslösen würde, war dem Kämmerer bewusst. „Mein Job ist es nicht, nur Geschmeidiges zu präsentieren.“ Ihm gehe es vor allem darum, die Belastungen möglichst breit und gleich zu verteilen.

Bei Bürgermeister Harald Birkenkamp ist der Kämmerer mit seinem Vorschlag nicht auf Gegenliebe gestoßen. Er lehne ihn ab und halte ihn für rechtswidrig oder zumindest verfassungsrechtlich „sehr bedenklich“. Birkenkamp befürchtet vor allem einen erheblichen Imageschaden für den Wirtschaftsstandort Ratingen. „Wir genießen bei der Wirtschaft einen sehr guten Ruf. Wenn wir eine solche Abgabe einführen, könnte sofort die Frage aufkommen: Geht es euch so dreckig? Die Steuer ist für mich ein absolutes ,No go’.“

Er stelle die Finanzplanung seines Kämmerers überhaupt nicht infrage. „Aber Gott sei Dank hat die in der Vergangenheit nicht immer gestimmt“, sondern sei besser ausgefallen. Mit den vielen Streichungs- und Kürzungsvorschläge der Verwaltung, denen die Politik weitgehend gefolgt sei, konnten Einsparungen von rund einer Million erzielt werden. Um die Haushaltssituation der Stadt mittelfristig zu stabilisieren, regt Birkenkamp an, „für 2013 ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept aufzustellen“ .

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