Tag der Heimat erinnert an Flucht und Vertreibung

Bernd Fabritius, Präsident des Bundes der Vertriebenen, kam nach Ratingen und sprach erstmalig öffentlich in NRW.

Tag der Heimat erinnert an Flucht und Vertreibung
Foto: Achim Blazy

Ratingen. Entwurzelung, Vertreibung, Flucht und Heimatlosigkeit sind Begriffe, die mittlerweile weltweit die Schlagzeilen bestimmen — und die Menschen tief bewegen. So auch in Hösel: Der Saal der Stiftung Haus Oberschlesien ist voll. Die CDU-Landtagsfraktion unter ihrem Vorsitzenden Armin Laschet hat zum Tag der Heimat geladen, zu einer Feierstunde mit Podiumsdiskussion, moderiert von Stephan Kaiser, Leiter des Oberschlesischen Landesmuseums.

Der Stadtteil erlebt eine historisch zu nennende Veranstaltung. Grund: Bernd Fabritius, der Präsident des Bundes der Vertriebenen (BDV), äußert sich erstmalig öffentlich in NRW, zuerst in Ratingen. Erst später reist er nach Düsseldorf, wo er im Gerhart-Hauptmann-Haus noch einmal vortragen wird. Fabritius, 1965 in Agnetheln (Siebenbürgen) geboren, spricht mit Blick auf die nicht abreißenden Flüchtlingsströme von einer „humanitären Katastrophe unendlichen Ausmaßes“. Und er schickt die Botschaft hinterher: „Diese menschlichen Dramen müssen uns alle angehen!“ Fabritius fordert ein Integrationskonzept — und den „Schutz unseres Wertekanons“. Dabei bezieht er sich auf Gefahren, die in „unsichtbarem Fluchtgepäck“ lauern können.

Was dies bedeuten kann, veranschaulicht Düzen Tekkal, Journalistin und Filmemacherin jesidischer Herkunft. Die Welt habe die Jesiden erst über den IS-Terror kennengelernt, der im August 2014 über die Menschen im Irak hereinbrach.

Monika Dahlhoff, Zeitzeugin von Flucht und Vertreibung, hat über ihr Schicksal ein Buch geschrieben. Im Winter 1944 wurde sie von russischen Soldaten verschleppt und in einem abgelegenen Gulag sich selbst überlassen.

Dahlhoff will nicht viel sagen, Betroffenheit und Schmerz sind immer noch da. Ein Stück Brot könne etwas Wunderbares sein — so fasst sie die Jahre der Entbehrung zusammen.

Alexander Kühl, Vorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, betont während der Diskussion, dass er nicht vertrieben worden sei. „1987 sind wir nach Deutschland gekommen“, erzählt er und betont, dass er sich in NRW sehr wohl fühle und dankbar dafür sei.

Serap Güler, Integrationspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, erzählt, dass sie im Rheinland ein Stück Anerkennungskultur erfahren und als Muslima sogar an einer Fronleichnamsprozession teilgenommen habe. Köln sei nun ihre Wahlheimat, sagt die Politikerin, deren Eltern aus der Türkei kommen.

Laschet betont mit Blick auf die Geschichte: „Es gibt Familien, die erst von Hitler, dann von Stalin vertrieben wurden.“ Nachdenkliche Stille im Saal.

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