Tag des Bades: Badezimmer-Geschichte(n)

Am Samstag ist der Tag des Bades — eine Möglichkeit, an Zeiten zu erinnern, als die eigene Wanne noch purer Luxus war.

Ratingen. Von der Nasszelle zum Wohlfühlraum: Kaum ein Bereich in Haus oder Wohnung hat in den vergangenen Jahren einen so tiefen Wandel vollzogen wie die Bäder. Wellnessduschen mit Lichtspielen, selbstreinigende Oberflächen, Klodeckel, die sich wie von Geisterhand in Zeitlupe schließen, edle Fliesen und Mosaike, Hochglanzmöbel, ebenerdige Duschen und eine ausgefeilte Beleuchtung — die heutigen Badezimmer erinnern kaum noch an die gefliesten „Waschräume“ mit ihrem Dreiklang von Waschbecken, Kloschüssel und Emailbadewanne aus früheren Jahren.

Dass Bäder in der Zimmer-Hierarchie in den Prestigebereich aufgestiegen sind, beweist ein Blick in den Ausstellungsraum der Firma Keramag in Ratingen. 20 000 oder 30 000 Euro auszugeben, bereitet keine Schwierigkeiten.

Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass es in vielen Wohnungen keine Bäder gab. Zur Körperreinigung ging es dann regelmäßig in die „Badeanstalt“ — und damit waren nicht die heutigen Schwimmbäder gemeint. Viele Gemeinden unterhielten eigens „Brause- und Wannenbäder“. In Ratingen gab es sogar zwei davon, an der Tal- und an der Minoritenstraße. Dort, wo heute die Schüler im Berufskolleg pauken, stand bis vor etwa 20 Jahren das städtische Wannenbad.

„Am Freitag und Samstag herrschte Hochbetrieb. Da kamen die ganzen Familien zum Baden“, erinnert sich Ursula Breuer. Da bildeten sich schon einmal Schlangen am Eingang, denn die Badekapazitäten waren begrenzt.

Breuers Mutter und auch Großmutter haben jahrzehntelang in den städtischen Wannenbädern gearbeitet, sie selbst hat dort auch gebadet. „Das waren geflieste Einzelkabinen mit einer Wanne drin. Das Wasser wurde einem eingelassen. Seife und Handtuch mussten diese mitbringen, allerdings gab es auch Badezusätze für ein paar Pfennig zu kaufen“, erinnert sie sich. Wie teuer der Eintritt war, weiß sie nicht mehr, „aber es waren kaum mehr als ein paar Groschen“.

Ein Zeitlimit fürs Baden gab es nicht, aber aus Rücksicht auf die Wartenden war stundenlanges Planschen nicht sozialverträglich. Die Kinder wurden nacheinander in der Wanne abgeschrubbt — ohne Wasserwechsel. Breuer: „Es gab noch viele Leute, die kein Bad in der Wohnung hatten, die waren auf das Wannenbad angewiesen.“

Mit dem flächendeckenden Einbau von Wanne und Dusche wurden die städtischen Bäder überflüssig — und geschlossen.

Bis vor kurzem führten die heimischen Badezimmer jedoch ein Schattendasein. Sie waren reine Zweckräume und dementsprechend schlicht ausgestattet und eingerichtet. Heute ist ein Bad ein Designobjekt, das Modetrends unterliegt. „Und die Trends wechseln immer schneller“, sagt Arno Kobek von Keramag, dem Ratinger Traditionsunternehmen für Sanitärkeramik. Lagen früher zehn bis 15 Jahre zwischen den Wechseln, so sind es heute ein oder zwei Jahre.

Dabei ist gar nicht alles so modern, wie es daherkommt. Die Nobelserie „Preciosa“ beispielsweise wurde 1968 in Ratingen entwickelt. „Das Design mit seiner Vereinigung von eckigen und runden Formen hat es sogar ins Museum of Modern Art in New York gebracht“, erzählt Kobek. Im Ausstellungsraum wird gezeigt, was angesagt ist: Mosaik als Wandbelag, Fliesen aus Leder, Klarglasduschen.

„Große Fliesen, edle Materialien, starke Kontraste“, nennt Manuel Stoy Trends im Badbereich. Der Fachverkäufer eines Baumarkts weiß, was Kunden wollen: „Badmöbel aus Holz sind nicht mehr gefragt, heute müssen es Hochglanzoberflächen sein.“

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