Rettung aus dem Strom: Bei Hilferufen flitzt die „Ingeborg“ los

Der Rhein ist unberechenbar. Das wissen die Rettungsschwimmer der DRLG. Seit Mai sind sie wieder im Einsatz an der Wache am Campingplatz Monheim-Baumberg.

Baumberg. "Natürlich fahren wir täglich mehrmals den Rhein rauf und runter, aber dass man wirklich genau dann vorbeikommt, wenn etwas passiert - das ist wie Lotto spielen", meint Jan Lohrum. Der 29-Jährige ist stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft Monheim (DLRG) und in den Sommermonaten mit seiner Truppe vor Ort.

Laut DLRG sind im vergangenen Jahr 192 Personen in Flüssen ertrunken, davon 60 in NRW. Und auch in Monheim kommt es immer wieder zu gefährlichen Situationen. "Es gibt leider viel zu viele unvorsichtige Menschen. Es ist einfach gefährlich, im Rhein zu schwimmen", sagt Angelika Barkey (19) von der DLRG Monheim. Denn je größer das Schiff ist, desto größer ist auch der Sog. "Da kann es schon sein, dass das Wasser erst hüfthoch ist und man plötzlich bis zum Hals drin steht", erzählt sie. "Viele Eltern sind leichtsinnig und lassen ihre Kinder einfach im Wasser spielen", kritisiert Barkey.

Auch die DLRG-Mitglieder selbst haben versucht, gegen die Strömung anzuschwimmen. "Es ist unheimlich anstrengend und kaum zu schaffen", erzählt Gabriel Stratmann (30), der als Rettungsschwimmer über viel Kondition verfügt. "Die acht Stundenkilometer, mit denen der Rhein fließt, sind schon ein ordentliches Joggingtempo, was viele unterschätzen", meint Stratmann. Deshalb gehen die Ehrenamtlichen auch selbst nur im größten Notfall ins Wasser.

Da die Bootsfahrer mit etwa 150 Übungsstunden sehr gut ausgebildet werden, ist nahezu jede Rettung durch Präzisionsarbeit aus dem Boot heraus möglich. Dafür sind die Helfer zwischen den Stromkilometern 713 und 715 mit der "Ingeborg" unterwegs. Die Gischt spritzt, und mit 70 Stundenkilometern flitzt das Boot über das Wasser. Steuermann Robin Fritzemeier (29) hat das Ufer fest im Blick.

Plötzlich erregen aber nicht mehr die schwimmenden Menschen seine Aufmerksamkeit, sondern ein anderes Boot. Die sechs Personen winken den DLRGlern wild zu, langsam kommt die "Ingeborg" neben einer Rio 600 Cruiser zum Stillstand. "Der Antrieb läuft nicht, könnt Ihr mal schauen", bittet Bernhard Derdzinski. Mit gerunzelter Stirn blicken Fritzemeier und Lohrum auf das Heck, das qualmt. Sofort fährt Fritzemeier neben das Schiff, innerhalb kurzer Zeit hat sein Kollege die Boote miteinander vertaut. "Wir wollten doch eigentlich nur ein bisschen rumgurken", meint Derdzinski und schüttelt den Kopf.

Seit sieben Jahren ist er mit seiner Familie auf Ruhr, Rhein, Lahn und dem Mittelmeer unterwegs. "Wir mussten letztens erst abgeschleppt werden", erzählt er. Bei den Unkelsteinen (Bonn) fiel der Motor aus, und sein Freund Christoph rettete sie. "Das heute sollte eigentlich die Dankesfahrt sein. Hoffentlich ist es kein Kolbenfresser", meint Derdzinski. Bis nach Hitdorf, wo die Familie ihren Lader hat, bringt die DLRG die Ausflügler nicht - mit einer Last von etwa einer Tonne wäre man mindestens vier Stunden unterwegs. Während Bernhard Derdzinski mit dem Auto nach Hitdorf gebracht wird, wartet der Rest der Familie an der Wache. "Ich bin wirklich froh, dass Ihr in der Nähe wart", bedankt sich Anja Derdzinski. "Gerade heute haben wir natürlich weder Ersatzmotor noch Schlauchboot dabei", kommentiert die 44-Jährige das Ende des Sonntagsausflugs.

Seit 56 Jahren bewacht die DLRG den Rhein auf der Höhe des Campingplatzes. Dort hat der Verein eine eigene Wache, seit Mai sind die ehrenamtlichen Helfer jedes Wochenende vor Ort. Regelmäßig gibt die Feuerwehr Meldung und die Retter rücken aus. "Im vergangenen Jahr waren darunter drei Einsätze, bei denen Personen im Rhein waren", erzählt Gabriel Stratmann. "Man sollte am besten gar nicht hinein gehen", warnt er.

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