Völker: „Man musste klüngeln“

Im Interview erinnert sich Klaus-Dieter Völker (CDU) an die kommunale Neugliederung.

Völker: „Man musste klüngeln“
Foto: Michael Nacke

Kreis Mettmann. Wie kaum ein anderer Politiker hat Klaus-Dieter Völker (CDU) aus Haan die Geburt des Kreises Mettmann aktiv und hautnah miterlebt. In den 1970er Jahren war er als einer der jüngsten Abgeordneten im Düsseldorfer Landtag und an den Abstimmungen über die kommunale Neugliederung beteiligt. Seit 45 Jahren ist Völker zudem ununterbrochen Mitglied des Kreistags und hat somit auch die Auswirkungen der Reform begleitet.

Wenn Sie sich zurückerinnern: Wie war die Stimmung im Vorfeld der kommunalen Neugliederung?

Völker Als ich 1970 in den Landtag kam, war die Vorbereitung schon weit fortgeschritten. Die Landesregierung hatte schon die Eckdaten fixiert. Davon hatten aber wir „Neuen“ noch keine Ahnung. Je näher die Umsetzung dann an den Kreis Mettmann heran kam, um so schwieriger wurde es, eine Linie zur Verteidigung aufzubauen. Es gab im Landtag zu diesem Thema keine Fraktionen oder Parteien. Im offiziellen Bereich ging gar nichts. Um etwas bewegen zu können, musste man im besten Wortsinn klüngeln, heute würde man sagen Netzwerke schaffen. Wir haben Gott sei Dank beim Kreis eine Mannschaft aufbauen können, die in die SPD hinein reichte und so im Vorfeld der Abstimmungen einiges auf den Weg bringen können.

Die Abstimmungen waren dann aber dennoch knapp.

Völker Die knappste war in Erkrath. Bei Erkrath war eigentlich schon alles klar. Als wir dann am Morgen zur Abstimmung kamen, erfuhren wir, dass die Kölner und Düsseldorfer zuvor noch geklüngelt hatten. Sie wollten mit Erkrath und weiteren linksrheinischen Städten Düsseldorf noch vergrößern. Mir kam dann der glorreiche Gedanke, deutlich zu machen, dass eine Abstimmung über diesen Vorstoß nicht rechtens wäre, weil es dazu keine Anhörung gegeben hatte. Die Landesregierung hatte deshalb schon einige Klagen verloren. Ich war damals der jüngste Abgeordnete aus dem betroffenen Bereich und musste dann damit in die Bütt. Wir haben die Abstimmung über Erkrath dann denkbar knapp gewonnen.

Waren denn hinterher alle mit dem Ergebnis zufrieden?

Völker Nein. Vor allem die Unterbacher nicht. Sie mussten den Preis zahlen. Sie fühlen sich bis heute nicht als Düsseldorf, sondern als Erkrather. Sie haben die Trennung bis heute nicht verdaut. Auch für Wülfrath und Kettwig war es schwierig. Die Kettwiger haben immer mal wieder versucht, von Essen in den Kreis Mettmann zu kommen, aber ohne Erfolg. Da packt heute keiner mehr was an, denn das könnte Steine ins Rollen bringen.

Würden Sie aus heutiger Sicht sagen, dass die kommunale Neugliederung ein Erfolg war?

Völker Das ist schwierig. Es war ein Anfangserfolg. Das eigentliche Ziel der Neugliederung, die Verwaltungsstrukturen zu vereinfachen und zu rationalisieren, haben wir nicht erreicht. Der Landschaftsverband und die Bezirksregierungen sollten überflüssig werden, die Verwaltung in den Städten rationalisiert werden. Heute haben wir in den größeren Städten wie beispielsweise Ratingen wieder Bezirksvertretungen, die es gar nicht mehr geben sollte. Wir hatten gedacht, das würde sich ausschleichen, doch jeder beharrt auf seiner Eigenständigkeit. Aber das ist ja nicht falsch. In den Gemeinden passt der eine auf den anderen auf. In einer Großstadt kann jeder machen, was er will.

Ist die kommunale Neugliederung nun auf absehbare Zeit abgeschlossen?

Völker Da gehe ich von aus. Es gibt noch zu viele, die sich an die letzte Reform und die damit verbundenen Schwierigkeiten erinnern. Außerdem steht der Erfolg in keinem Verhältnis zu den Auswirklungen.

Könnte ein Zusammenschluss für kleinere, finanziell schwächere Kommunen in Zukunft nicht doch zwingend werden?

Völker Nein. Nehmen Sie die Städte Wülfrath, Heiligenhaus und Mettmann. Drei arme Städte würden durch einen Zusammenschluss nicht reicher werden. Sie könnten erst nach mindestens 20 Jahren sehen, ob sich überhaupt eine Ersparnis einstellt. Sparen ließe sich, wenn überhaupt, wenn man den ganzen Kreis zu einer Stadt zusammenführt und die Bezirksregierung auflöst, die in die kleineren Städte hineinregiert.

Nach 40 Jahren im Kreis Mettmann, fühlen sich die Menschen inzwischen wie Kreisbürger?

Völker So etwas wie den Kreisbürger gibt es nicht. Ich versuche gerade, mit dem Begriff Neanderland zumindest eine gewisse Gemeinschaft und Identifikation in der Region zu vermitteln. Aber ansonsten sind es eben weiterhin Mettmanner, Erkrather, Velberter oder Ratinger. Und manchmal nicht einmal das, sondern immer noch Höseler und Lintorfer.

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