Erster Stolperstein erinnert an homosexuelles Opfer

Weil er Männer liebte, ließen die Nazis den Velberter Krankenpflegeschüler Julius Schmidt verhaften. Er starb im KZ Buchenwald als Zwangsarbeiter. Ein Stolperstein soll nun an sein Schicksal erinnern.

Velbert. Vom 11. April 1940 an war Julius Schmidt nur noch eine Nummer: 19 729. Was er fühlte, was er dachte, für die Nazis spielte das Leben des Julius Schmidt keine Rolle. Bis zu seinem Tod blieb er eine Nummer. Auf Schmidts Meldekarte wurde das Sterbedatum dokumentiert: Er starb am 17. März 1942 im Konzentrationslager Buchenwald.

Dorthin hatten die Nazis ihn deportieren lassen, nachdem sie ihn festgenommen hatten, weil er als Homosexueller Männer liebte und deshalb genauso wie Behinderte und Juden nicht in die Ideologie des Dritten Reiches passte.

Nun soll an das Schicksal von Julius Schmidt erinnert werden — mit einem Stolperstein. Am 16. März , also fast auf den Tag genau 70 Jahre nach seinem Tod, wird der Kölner Künstler Gunter Demnig ihn in der Günther-Weisenborn-Straße verlegen. Wo heute das Best Western Hotel steht, wurden einst Kranke im Städtischen Krankenhaus versorgt.

Dort hatte der gebürtige Wuppertaler vor seiner Verhaftung gelebt. In dem Krankenhaus absolvierte er eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Ob er Geschwister hatte, ist nicht dokumentiert.

Und überhaupt gibt es nur wenige Informationen, geschweige denn ein Bild von Julius Schmidt. „Wir wissen leider zu wenig über ihn. Aber ein wenig konnten wir in alten Unterlagen finden“, sagt der Velberter Stadtarchivar Christoph Schotten.

Er unterstützte Jürgen Wenke bei seiner Recherche zu Julius Schmidt. Wenke arbeitet ehrenamtlich für den Verein Rosa Strippe, der sich unter anderem um homosexuelle Gewaltopfer kümmert.

Der Verein hat auch die Patenschaft für den Stolperstein übernommen. Wenke ist in die Tiefen des Archivs eingedrungen, um zumindest ein paar Informationen über den Krankenpflegeschüler herauszufinden.

Fest steht, dass Schmidt vor seiner Deportation ins Konzentrationslager Buchenwald bereits durch ein Martyrium aus Ernie-drigungen und harter Arbeit gehen musste. Denn seine Verfolgung begann bereits am 11. April 1938, als er in Untersuchungshaft gesteckt wurde.

Am 8. August verurteilte ihn das Landgericht Wuppertal zu zwei Jahren Zuchthaus und fünf Jahren Ehrverlust, wie es in Dokumenten des Archivs heißt. Die Zuchthausstrafe saß Schmidt zunächst in Herford ab, ab Juni 1939 im Zuchthaus Remscheid.

Danach hoffte er, wieder in Freiheit zu gelangen. Aber am 9. April 1940 wurde Schmidt von der Wuppertaler Kriminalpolizei in Schutzhaft genommen. Nur zwei Tage später deportierten die Nazis ihn zunächst ins Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin. Er wurde der Häftling mit der Nummer 19 729.

Im Oktober wurde Schmidt nach seiner Deportation ins KZ Neuengamme ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Dort wurde er als Nummer 20 184 registriert. Und im Jahr darauf, am 5. Juli 1941, verfrachtete man ihn mit 1000 anderen Häftlingen nach Buchenwald.

Dort starb er im Alter von 33 Jahren — an den menschenverachtenden Bedingungen im Konzentrationslager. In seiner Akte steht zwar als Todesursache „akute Herzschwäche“, aber die Geschichtsexperten gehen davon aus, dass Schmidt aufgrund von Quälereien, Torturen und der schweren körperlichen Zwangsarbeit starb — wie viele andere Häftlinge, die in den Steinbrüchen zu Tode geschunden wurden.

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