Breitscheids lange Leitung

Dort, wo Ratingen die Vorwahl 02054 hat, ist noch Internet-Brachland. Die Bürger fordern jetzt Anschluss an die Datenautobahn.

Breitscheid. Gisela und Siggi Tanculski sind es leid. Eigentlich begreifen sie das Internet als selbstverständlich, sogar als Notwendigkeit, so wie Strom, fließendes Wasser oder den Fernsehempfang.

Doch bei ihnen zuhause, im Breitscheider Norden, rührt sich nichts, wenn sie ins Netz gehen. Fast nichts. "Die Seiten öffnen sich extrem langsam und wenn unser Sohn gleichzeitig surft, brauchen wir es erst gar nicht zu versuchen", klagt Gisela Tanculski.

Kein Wunder: Ihr Haus ist - genauso wie die gesamte Nachbarschaft - nur mit einem analogen Anschluss ausgestattet, der bestenfalls langsame Modemverbindungen zulässt. "Im heutigen Zeitalter ist das doch nicht zu fassen", schimpft sie.

Für die betroffenen Breitscheider wird die Situation immer prekärer. Internet im Kriechgang? Das ist für Viele, als ob nur kaltes Wasser aus der Leitung käme, oder der Fernseher schwarz-weiß bliebe. Surfen braucht Geduld, Onlinebanking viel Glück und Musikdownloads sind quasi unmöglich. Vor allem die Kinder und Jugendlichen rebellieren da offen.

"Die ersten sind schon weggezogen", hat Tanculski mitbekommen. Und immer mehr Betroffene haben Siggi Tanculski darauf angesprochen, der als sachkundiger Bürger für die Bürger Union schließlich die Initiative ergriffen hat - und Unterschriften sammelte.

Von Tür zu Tür ist er in Breitscheid gegangen. Überall, wo die Vorwahl 02054 gilt, hörte er die gleiche Klage. Etwa 450 Unterzeichner hat er getroffen - "es sind aber bestimmt noch mehr." Die Liste hat Tanculski, seinem Parteifreund und Bürgermeister übergeben, der hat sie mit der Forderung nach Abhilfe der Telekom weiter geleitet.

Doch die gibt sich sehr zurückhaltend. "Es gibt keinen Rechtsanspruch auf einen DSL-Anschluss", sagt Telekom-Sprecher George Mc Kinney. Das Schreiben der Stadtverwaltung liege inzwischen vor und werde zum Anlass genommen, eine Bestandsaufnahme der eigenen Infrastruktur und des Bedarfs in Breitscheid zu machen.

Doch versprechen will Mc Kinney nichts: "Die Telekom baut ja bereits dort, wo die Wettbewerber nur vorbeifahren. Wir können aber nur investieren, wenn wir eine Chance haben, wenigstens eine schwarze Null reinzuholen."

Ob ein Anschluss an die Datenautobahn für den Breitscheider Norden rentabel ist, kann er noch nicht sagen. Einen Kilometer des Glasfaser-Kabels zu verlegen, koste etwa 50.000 Euro. Eine DSL-taugliche Vermittlungsstelle hat dann einen Wirkungskreis von etwa vier bis fünf Kilometern - mehr ist physikalisch nicht drin.

Viel Geduld haben die Breitscheider jedenfalls nicht mehr. Sie teilen das Schicksal mit gerade mal drei Prozent der deutschen Haushalte - doch das technologische Hinterland befindet sich meist auch geografisch im Abseits.

Auf Notlösungen, wie Satelliten-Internet oder selbst finanzierten Leitungen wollen sich die Breitscheider daher nicht einlassen. Tanculski: "Wir bestehen auf einem funktionstüchtigen Internet - mit einer angemessenen Geschwindigkeit."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort