Kostbare Zeugnisse des Wandels auf der Wilhelmstraße

Für den oberen Bereich der Wilhelmstraße mit Post, ehemaligem Rathaus und einigen Gründerzeithäusern soll eine Denkmalbereichssatzung erlassen werden.

Wülfrath. Nein, Kutschen rumpeln längst nicht mehr über die einstige Kaiser-Wilhelm-Straße. Das grobe Pflaster aus dem 19. Jahrhundert ist längst durch einen Asphaltbelag ersetzt worden. Und doch ist der Charme der Gründerzeit noch vorhanden — auch wenn dieser sich erst auf den zweiten Blick offenbart.

„Die Wilhelmstraße steht für eine bemerkenswerte Phase der Ortsentwicklung“, stellt Landesbaurätin Elke Janßen-Schnabel in ihrer Begutachtung fest und resümiert: „Der Abschnitt der Wilhelmstraße vom Ortskern stadtauswärts erfüllt die Voraussetzungen zur Ausweisung eines Denkmalbereiches.“ Die Stadt soll nun eine entsprechende Satzung erstellen.

Als ein Beispiel dafür, wie sich die kleine Stadt Wülfrath am Ausgang des 18. Jahrhunderts auch sozial veränderte, wertet der städtische Denkmalschutzbeauftragte Michael Kumpf diesen Bereich der heutigen Wilhelmstraße. Zwischen Einmündung Düsseler- und Bahnhofstraße auf der einen Seite und der Bebauung gegenüber dem Dienstleistungszentrum auf der anderen „wird deutlich sichtbar, dass sich Wülfrath wirtschaftlich wandelte“, wie er es im Gespräch mit der WZ formuliert.

Das hebt auch die Expertin in ihrem Bericht für den Landschaftsverband Rheinland (LVR) hervor: Nach dem wirtschaftlichen Einbruch zu Beginn des 19. Jahrhunderts und nach der 1848er-Revolution sei zunehmend der Wohlstand eingezogen. Stattliche Bauten zeugen noch heute davon. Ende des 19. Jahrhunderts trat Wülfrath in eine Wachstumsphase ein. Nicht nur der Bau des Bahnhofes 1886 war ein Beleg dafür. Auch die Ortserweiterung, für die der jetzt vorgeschlagene Denkmalbereich exemplarisch ist, wurde vorangetrieben.

An der Ecke zur Bahnhofstraße entstand 1875 das Kriegerdenkmal. Heute noch ist diese Ecke begrünt. Daneben wurde 1891 das neue Postgebäude eingeweiht — in direkter Nachbarschaft zum Rathaus und zur Bürgermeister-Villa, die 1887 bis 1889 errichtet wurden. Teile dieses Komplexes, die heute als Asylbewerberheim dienen, wurden für den Bau der Tangente in den 1970ern abgerissen.

Wie alte Fotos dokumentieren, ist der Gesamteindruck von damals auch heute noch nachvollziehbar. Und in einer Zeit, in der sich die Innenstadt mal wieder wandelt, sei es gut, „historisch Wertvolles auch zu bewahren“, so Kumpf.

Tritt die Satzung in Kraft, müssen alle Veränderungen, die im Denkmalbereich vorgenommen werden, von der Unteren Denkmalbehörde abgesegnet werden. Damit soll sichergestellt werden, dass die Beurteilung, die für den LVR getroffen wurde, Bestand hat: „Die Straße ist insgesamt ein wichtiges und anschauliches Geschichtsdokument. Die Erhaltung ist von Bedeutung für die Geschichte, insbesondere für die Geschichte von Wülfrath.“

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