Ratingen: TVR-Affäre - Angst vor Schlammschlacht

Vorstand befürchtet, Zuschüsse zurückzahlen zu müssen. Becker: „Wülbeck hat mich gebeten, gegen Bezahlung für die Agentur zu arbeiten.“

Ratingen. Wie wird Horst Beckers Tätigkeit für Willi Wülbecks Sponsorenagentur gewertet? Vielleicht lässt sich diese Frage nur noch vor Gericht klären. Die Fronten scheinen verhärtet, alle fürchten eine drohende Schlammschlacht, eine außergerichtliche Verständigung ist offenbar nicht möglich, zumal der Verein Strafanzeige wegen des Verdachtes auf Untreue gegen Becker und Wülbeck erstattet hat. Auf einer Pressekonferenz legte der Vorstand des TV Ratingen Freitagmorgen seine Sicht der Dinge dar.

Die Überschüsse aus den Mehrkampf-Meetings hätten dem Verein zugestanden, sagte Silvia Glander, stellvertretende Vorsitzende. Sie verwies auf eine Vereinbarung, die 1997 zwischen dem TV Ratingen und dem mitveranstaltenden Zehnkampfteam einerseits und der Agentur Wülbeck andererseits geschlossen wurde: Demnach sollten eventuelle Überschüsse verteilt werden. Knackpunkt: Bereits ein Jahr später war das Zehnkampfteam nicht mehr Veranstalter, sondern stattdessen der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV). Becker betonte seinerseits gegenüber der WZ, dass es nie Ziel war, Überschüsse zu erwirtschaften. Es habe auch ein Jahr gegeben, das die Agentur mit einem Minus abschließen musste.

In der Regel konnte Becker dem TVR-Vorstand jedoch Erfolgsmeldungen präsentieren: Kein Minus beim Meeting. ,,Wir waren damit zufrieden, hatten keinen Grund, das nicht zu glauben", sagte Glander. Dass es bei der Agentur ein Plus gegeben haben könnte, daran hat der Vorstand nicht gedacht - und deshalb solle der Verein teilhaben.

Und deshalb findet man es im Vorstand ungehörig, dass Becker gegen Honorar für die Agentur gearbeitet hat. Es gebe keine Vereinbarung zwischen Wülbeck und Becker über einen Anstellungsvertrag, so Glander. Becker hingegen betonte, dass Wülbeck ihn ausdrücklich gebeten habe, "gegen Bezahlung" Aufgaben für seine Agentur zu übernehmen. "Ich kann nachweisen, was ich alles gemacht habe." Das sei allerdings vom Umfang weit über ein normales ehrenamtliches Maß hinausgegangen. Er habe Verhandlungen geführt, Rechnungen geschrieben, tagelang ausländische Athleten beherbergt, "ohne dem Verein damit auf der Tasche zu liegen." Es sei ein aber Fehler gewesen, den TV-Vorstand nicht darüber zu informieren.

Beim TVR sorgt man sich nun, dass man Zuschüsse der Stadt und des Landes möglicherweise zurückzahlen muss. Nach Informationen der WZ ist diese Sorge unberechtigt, weil der TVR bis zum Jahre 2005 zwar Ausrichter, der DLV jedoch Veranstalter war und die Zuschüsse erhalten hatte.

Was Wülbeck getrieben hat, im Frühjahr vergangenen Jahres beim TV-Vorstand die Rechnungen von Becker auf den Tisch zu legen, gibt Anlass zu vielen Spekulationen. Silvia Glander sagte, er habe die Belastung nicht mehr aushalten können. Andere sehen Wülbecks Vorstoß kritisch bis skeptisch: Schließlich war der ehemalige 800-Meter-Weltmeister wenige Monate zuvor vom Vereinsvorstand einstimmig als Leiter der Leichtathletikabteilung abserviert worden. Bei der Aufklärung der Vorgänge zeigte sich Wülbeck bislang nicht sehr kooperativ, beklagte sich Glander. Seine Zukunft im Verein als Lauftrainer sei noch nicht geklärt.

Josef Bednarek, stellvertretender TV-Vorsitzender und zugleich Geschäftsführer der Meeting-GmbH, kündigte an, dass man in der nächsten Woche mit dem Bürgermeister die Lage offen besprechen wolle. Zugleich wies er entschieden Spekulationen zurück, er könnte für Becker (FDP) in den Stadtrat nachrücken. "Ich bin sachkundiger Bürger, das reicht."

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