Ruhe bewahren — und treffen

Seit drei Jahren üben sich im Bogensportzentrum Hobby- und Profi-Sportler im Umgang mit Pfeil und Bogen.

Wülfrath. „Zum Ankerpunkt ziehen, zieh die Sehne etwas weiter!“ Ein Pfeil zischt durch die Luft, erwischt den Hirsch an der linken Flanke. Sekunden später ein zweiter Pfeil, der ebenfalls trifft. Zugegeben, eine reelle Chance, den Geschossen auszuweichen, hat der Weißwedelhirsch nicht. Immerhin ist er aus Kunststoff und Teil der Sammlung des Bogensportzentrums Wülfrath.

Dort trainieren auch Darius (12) und sein Bruder Lukas (10). „Man muss im 90-Grad-Winkel zum Ziel stehen und die Sehne bis zum Mundwinkel ziehen. Das ist der Ankerpunkt“, erläutert Darius Nickel, bevor er den Hirsch weiter malträtiert. Er ist schon seit anderthalb Jahren regelmäßig im Bogensportzentrum.

„Die Bewegung beim Schuss soll möglichst immer die gleiche sein, denn durch die Wiederholung entsteht irgendwann die Perfektion“, sagt Lars Lipke. Der Leiter des Zentrums kann den beiden Jungschützen getrost den Rücken zudrehen, denn: „Die beiden sind sehr diszipliniert. Das ist ausgesprochen wichtig.“

Trotzdem wird jeder Schütze begleitet, bis er sicher mit Pfeil und Bogen umgehen kann. Vor fast drei Jahren hat Lipke das Bogensportzentrum an der Röntgenstraße eröffnet. Er selbst ist schon seit 26 Jahren passionierter Schütze. „Mich reizt besonders die Balance zwischen An- und Entspannung des Körpers, die ich vom Kampfsport her kenne.“

Indes ziehen Darius und Lukas ihre Pfeile aus der Hirsch-Attrappe. „Man muss warten, bis alle Schützen ihre Pfeile verschossen haben, bevor man die Bahn betritt“, sagt Lukas, der erst seit kurzer Zeit schießt.

Auf der 30 Meter langen Hauptbahn wird sonst nur auf Scheiben geschossen, „aber im Winter kommen die Tiere ins Gehege“, sagt Lars Lipke lachend. Im Innenhof des Zentrums, wo die naturgetreuen Nachbauten von Hirsch, Wildschwein und Marder sonst heimisch sind, findet bei passender Witterung das sogenannte 3D-Schießen statt. „Dabei schießen die Teilnehmer von einem festen Parcours aus auf die Atrappen“, sagt Lipke.

„Für unsere Bedürfnisse ist das Areal hier ideal. Mit dem Innenhof und den langen Bahnen im Gebäude können wir alle wichtigen Disziplinen anbieten“, sagt Lipke zufrieden. Darius und Lukas Nickel zielen auf den Kunststoff-Marder des Bogenschieß-Zoos. „Je schwieriger das Ziel zu treffen ist, desto spannender ist es“, sind sich beide einig. Lukas übt erst zum zweiten Mal mit den 3D-Zielen.

„Der Bogen ist zwar ursprünglich eine Waffe, aber mit Gewalt hat der Sport nichts zu tun. Außerdem wurden die beiden genau eingewiesen“, sagt Darius’ Mutter Cornelia Hottinger-Nickel. Ursprünglich war sie durch das Asthma ihres Sohnes auf das Zentrum aufmerksam geworden. „Darius soll sich beim Sport möglichst drinnen aufhalten.“

„Ich glaube, die Faszination liegt darin, die eigene Körperenergie in einen präzisen Schuss umzusetzen. Außerdem steckt in vielen von uns noch ein kleiner Indianer“, vermutet Lars Lipke.

Seine Schützen kommen aus allen Altersklassen zwischen zehn und 80 Jahren. Wer sich selbst in die Kunst des Bogenschießens einweisen lassen will, muss kein Mitglied sein. Lipke: „Allerdings muss man vorher einen Termin vereinbaren.“

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