Schulen brauchen Sozialarbeit

Schulsozialarbeit: Die Politik will, dass mehr Sozialpädagogen an den Schulen eingesetzt werden. Doch sind 1,5 Stellen genug?

Ratingen. Monique Büsch-Krömer hat gut zu tun, an diesem Morgen. Es ist 7.30Uhr in der Friedrich-Ebert-Realschule. Eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn füllt sich das Lehrerzimmer. Und draußen treffen die rund 400 Schüler allmählich ein.

Ein Kollege nimmt die Schulsozialarbeiterin beiseite. Er wünscht ein vertrauliches Gespräch, hat ein Problem mit einer Klasse. Eine Lehrerin schlägt vor, Schülerin Lara (14) anzusprechen. "Sie wirkt abwesend. Da stimmt was nicht."

Im Kalender der 38-jährigen stehen schon Termine. Timo (15) kommt um 8.45 Uhr. Büsch-Krömer weiß, dass er von häuslicher Gewalt berichten wird. Nina (14) hat sie zu sich gebeten, weil ihr aufgefallen ist, dass das Mädchen extrem abgenommen hat. Und Sven (15), einst Schulschwänzer, kommt heute wohl zum vorerst letzten Mal. Gespräche, dranbleiben, nachfragen, Interesse zeigen - all das war bei ihm erfolgreich.

"In der Tat hätten wir damit mehr Luft in der ,normalen’ Schulsozialarbeit", rechnet Sozialdezernent Rolf Steuwe vor. Modelle, wie die 1,5 Stellen auf die Schulen verteilt werden, werden in der Verwaltung zurzeit durchgespielt. "Schwerpunktmäßig könnten die Realschulen und Gymnasien versorgt werden, also die, die bislang unversorgt sind."

An den Hauptschulen und der Gesamtschule gibt es bereits öffentlich finanzierte Sozialarbeiter. An allen anderen Schulen sind Streitschlichter oder Lehrer mit Zusatzausbildung im Einsatz. Die Friedrich-Ebert-Schule finanziert Monique Büsch-Krömer sogar selbst. Erlöse aus Schulveranstaltungen fließen in einen Topf, aus dem ihr Gehalt gezahlt wird.

"Für alle Beteiligten eine reichlich unzufriedenstellende Situation", sagt Schulleiterin Angelika Melzer. Jedes Jahr wieder stehe man vor der Frage, ob die Sozialarbeit weiter geht. Anfangs reichte das Geld an der Realschule Mitte für 19,25Wochenstunden. Im Schuljahr 2005/2006 war nur noch Geld für sechs Stunden da. Zurzeit sind es 16Stunden. Die Sozialpädagogin sagt: "Eigentlich könnte ich Vollzeit arbeiten. Zu tun gibt es genug."

Wohlgemerkt: Die Friedrich-Ebert-Schule ist alles andere als eine "Brennpunktschule". Gewalt, Waffen, Drogen - das sind Großstadtprobleme, die es an der Philippstraße nicht gibt. Und doch: Auch hier spiegelt sich die Gesellschaft. Auch hier gibt es Opfer von Scheidungskrieg, emotionaler Kälte oder Missbrauch.

Dass 1,5 weitere Stellen für das ganze Stadtgebiet ausreichen, bezweifelt man an der "FES" - aus eigener Erfahrung mit knappen Stundenbudgets. "Da wird nur die Illusion geschaffen, dass da jemand ist." Rolf Steuwe ist zuversichtlich: "Das sind 60zusätzliche Stunden." Ein Maß, mit dem sich arbeiten lasse. Insgesamt würden die zusätzlichen Schulsozialarbeiter-Stellen die Stadt rund 80000Euro im Jahr kosten. Ist der Rat der Stadt einverstanden , können die Stellen Anfang 2008 geschaffen werden.

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