SPD-Chronik: Geschichtslücke geschlossen

Peter Zwilling hat eine Chronik der Wülfrather SPD zusammengestellt. Sie geht zurück bis auf das Jahr 1904.

Wülfrath. Über die Ursprünge der Wülfrather Sozialdemokratie war bisher nicht viel bekannt. Das hat Peter Zwilling geändert: Der Geschäftsführer des SPD-Kreisverbands Mettmann hat eine Chronik herausgebracht. Anlass war das 2013 anstehende 150-jährige Jubiläum der Bundespartei. Doch nun können 2014 auch die Wülfrather Sozialdemokraten einen runden Geburtstag feiern, denn laut Zwilling schlug 1904 die Geburtsstunde der SPD in Wülfrath.

Beim Aufbau der Chronik hat sich Zwilling an den Biografien dreier für die Kalkstadt bedeutender Sozialdemokraten — Fritz Heinrichs, Karl Laimann und Siegfried Bangert — orientiert, die jeder eine Epoche repräsentieren: „Es sind die Menschen, die Politik machen“, sagt der Wülfrather. Die Ausgangslage war indessen nicht berauschend. „Im Stadtarchiv fanden sich ganze drei Seiten zur SPD.“ Allerdings konnte sich der 58-Jährige bei der Recherche auf die sehr gute Auswertung des Archivs der Zeitungen seit der Jahrhundertwende stützen.

Ein wichtiger Protagonist war Fritz Heinrichs, der 1904 den Ortsverein der SPD mit aus der Taufe hob. Unter anderem hieß der gelernte Lederzuschneider mit den Genossen am 13. Mai 1911 Rosa Luxemburg willkommen, die auf ihrer „Agitationsreise“ im „Bruck’schen Saal“ vor 300 Menschen sprach. Heinrichs war lange der USPD verhaftet, die sich von den Mehrheitssozialdemokraten (MSPD) eines Ebert und Scheidemann abgesetzt hatte. 1918 Vorsitzender des Arbeiterrates, wurde er 1919 in den Stadtrat gewählt und ehrenamtlicher Beigeordneter, vertrat während der französischen Besetzung 1923 den inhaftierten Bürgermeister August Havemann.

Nach dem Zweiten Weltkrieg saß Heinrichs ab 1946 erneut im Rat, war von 1948 bis 1952 auch Bürgermeister. Der Wülfrather, fast 50 Jahre eine Führungspersönlichkeit der Sozialdemokratie, war laut Zwilling einer der einflussreichsten Kommunalpolitiker der Wülfrather SPD. Leider sei er heute fast vergessen.

Der 1909 geborene Karl Laimann gehörte zunächst als Kämpfer für die junge Weimarer Republik der Ortsgruppe des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ an. Der Kampfbund stemmte sich in den 1920er-Jahren gegen den Rotfrontkämpferbund der Kommunisten ebenso wie gegen die SA der Nationalsozialisten, die zunehmend die Straße beherrschten.

Nach dem zweiten Weltkrieg Mitbegründer der neuen SPD, saß Laimann 33 Jahre lang im Stadtrat und war als Vorsitzender des Bauausschusses für den Wiederaufbau Wülfraths mitverantwortlich. Als Gründungsmitglied der Falken habe Laimann mitgewirkt, Arbeiterkindern Freizeitmöglichkeiten zu bieten: „Bis heute ist mir der Tag des Kindes in Erinnerung“, berichtet Zwilling — für viele die Alternative zur teuren Kirmes.

Schließlich Siegfried Bangert: Der hochbegabte Arbeiterjunge diente als 15-Jähriger dank sehr guter Englischkenntnisse den Besatzern in Wülfrath und später bei den Entnazifizierungsprozessen in Wuppertal als Dolmetscher. In den 1960er-Jahren wurde er Leiter der Internationalen Abteilung der Friedrich-Ebert-Stiftung, war daneben Parteivorsitzender in Wülfrath und 30 Jahre lang Vorsitzender der Ratsfraktion. Durch seine Arbeit pflegte Bangert beste Kontakte unter anderem zu Hans-Otto Bäumer, Heinz Kühn, Johannes Rau und Willy Brandt als Chef der Sozialistischen Internationale. Viele dieser Kontakte seien Mitte der 1970er-Jahre sehr hilfreich beim Kampf Wülfraths um die Eigenständigkeit gewesen, so Zwilling.

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