Velbert: 1000 Jahre, 1000 Geschichten

Gerd Lensing hat sich mit der Geschichte der Alten Kirche am Offers auseinandergesetzt. Über seine Erkenntnisse hat er ein Buch geschrieben.

Velbert. "Der Name Alte Kirche ist das Jüngste an diesem Gotteshaus", sagt Gerd Lensing. Erst seit etwa 100 Jahren, nach dem Bau der Christuskirche, wird die evangelische Kirche, die am Offers mitten in der Fußgängerzone steht, so genannt. Die Geschichte des Gotteshauses geht aber mehr als 1000 Jahre zurück: "Die Alte Kirche ist gemeinsam mit ihrer Vorgängerin an der gleichen Stelle so alt, dass sie das Wachsen und Gedeihen der Stadt Velbert von Anfang an begleitet hat."

Gerd Lensing weiß, wovon er spricht: Der Archivpfleger der evangelischen Kirchengemeinde hat die vergangenen Jahre damit verbracht, sich durch alte Dokumente zu wühlen und die Historie des Gotteshauses zu rekonstruieren. Das Ergebnis ist jetzt als Buch erschienen. Titel: "Die Geschichte der Alten Kirche in Velbert".

"In der Schule fand ich Geschichte immer fürchterlich", sagt Lensing, Jahrgang 1933 und gebürtiger Velberter. Doch als er begann, einen Familienstammbaum zu erstellen, war sein Interesse geweckt. "Ich bin über meine Familiengeschichte auf Dokumente der alten Kirche gestoßen." Und Lensing war plötzlich von den alten Begebenheiten gefesselt: "Sagenhaft interessant, was alles zu entdecken war." Vor allem die Verknüpfungen der Alten Kirche zur Geschichte der gesamten Stadt haben ihn beeindruckt - alte Namen aus den Dokumenten seien auch heute noch als Ortsbezeichnungen zu finden.

Das exakte Gründungsjahr einer Kirche in Feldbrahti, Velbretthe oder Velbraht könne nicht bestimmt werden, sagt Lensing. Fest stehe aber, dass es irgendwann zwischen 700 und 1050 eine erste christliche Andachtsstätte gab - bei den ersten Velberter Höfen, am heutigen Standort. Für die Zeit danach gibt es Belege für die Kapelle der Heiligen Ida. Vielleicht gab es davor aber schon ein Gotteshaus: An der Kirche gefundene Fundamente seien Hinweise dafür, so Lensing. "Wenn ich die Stadt Velbert wäre, würde ich da weiter graben, um das herauszufinden."

Die Ida-Kapelle stand jedenfalls bis ins 18.Jahrhundert. Sie war zuerst katholisches, dann lutherisches, reformiertes und schließlich evangelisches Gotteshaus. 1769 wurde das neue Gebäude, das auch heute noch steht, eingeweiht. Reformierte und Lutheraner waren aber trotz gemeinsamer Kirche lange Zeit Rivalen, stritten sich beispielsweise über die Orgel der Lutheraner, die die Reformierten nicht benutzen durften. Und als diese eine eigene Orgel einbauen wollten, sollen die Lutheraner in der Nacht kurzerhand das Baugerüst entfernt haben. "Ein bizarrer Streit", sagt Lensing. "Ein typisches Velberter Kennzeichen", ergänzt er schmunzelnd.

"Es gibt tausend Geschichten", sagt Lensing. Auch wenn es längst weitere evangelische Predigtstätten in der Stadt gibt: Die Alte Kirche sei weiterhin das Herzstück der Gemeinde. Stoff für weitere Spurensuchen gibt es genug: "Noch weiß ja keiner so genau, ob das 1000-jährige Bestehen dieser Kirche nicht schon 300Jahre vorbei ist."

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