Velbert: Prächtige Kaufmannsvilla wurde zum „Bürgermeisterhaus“

Familie Schellenberg rettete das rund 190Jahre alte Gebäude Ende der 1970er-Jahre vor dem Abbruch.

Velbert. Einst hieß es "Haus unter den Linden", doch erheblich bekannter ist das schmucke Gebäude an der unteren Friedrichstraße, Ecke Schloßstraße als "Bürgermeisterhaus". Eine einzige große Linde - sie soll aus der Zeit der Errichtung stammen - erinnert noch an den ursprünglichen Namen des Bauwerks, das in rund 190 Jahren eine wechselvolle Geschichte erlebte.

Das genaue Baujahr liegt allerdings im Dunkeln. Verschiedene Quellen datieren es auf die Zeit zwischen 1810 und 1825, im Urkataster von 1817 ist das Gebäude jedoch noch nicht vermerkt. Als Bauherr wird der Velberter Handelskaufmann Kölver genannt, dessen Familie vor 200 Jahren zu den reichsten und angesehensten Familien der Stadt zählte.

Der Fachwerkbau mit seiner klassizistischen Fassade diente zunächst als repräsentativer Wohnsitz und lag an der einstigen Essen-Solinger Straße. Die wichtige Städteverbindung war zwischen 1811und 1815 zur Chaussee ausgebaut worden; ihren heutigen Namen Friedrichstraße erhielt sie erst 1888.

Schon in den 1830er-Jahren verkaufte Kölver das Gebäude an die französisch-belgische Bergwerksgesellschaft "Lamarche", die in Zechen in und um die Schlossstadt Eisen- und Bleierz förderte. Um 1850 wechselte das Haus erneut den Besitzer, neuer Eigentümer wurde der Gießerei-Unternehmer Binsfeld aus Remscheid.

Nur rund zehn Jahre später gelangte es durch eine Versteigerung in den Besitz einer alteingesessenen Velberter Industriellenfamilie: Entsprechend dem Namen des neuen Besitzers hieß das Gebäude nun im Volksmund das "vom-Brucksche Haus".

1925 erwarb die Stadt den prächtigen Bau für 70 000 Reichsmark von den Erben des Unternehmers. In der ersten Etage hatte ab 1926 Dr. Leopold Tweer, Velberter Bürgermeister von 1920 bis 1945, seine Dienstwohnung, was dem Gebäude den heute noch geläufigen Namen "Bürgermeisterhaus" eintrug. Im Erdgeschoss eröffnete die Stadt 1929 ein Heimatmuseum, das schon damals über eine große Sammlung von Schlössern und Beschlägen und als Herzstück die Wönnemannsche Schmiede verfügte. Es war die Keimzelle des heutigen Schloss- und Beschlägemuseums, das 1936 im Keller des Rathauses eröffnet wurde.

Nach dem Krieg nutzte die Stadt die rund 500 Quadratmeter große Villa lange Zeit als Unterkunft, zuletzt für sozial schwache Familien. Dem Abbruch nahe, übernahm 1978 die Familie des Steuerberaters Dietmar Schellenberg das Haus in Erbpacht, steckte viel Zeit und Geld in eine gründliche Sanierung. Historische Elemente wie der schöne Stuck konnten vielfach gerettet werden, weiß Sohn Andreas Schellenberg. Die Renovierungsphase kennt der 32-Jährige, der damals gerade ein halbes Jahr alt war, nur aus Erzählungen, ebenso manche Geschichte.

So soll es einen unterirdischen Gang geben, der bis hinab zum Parkbad führte: "Den haben wir aber nie gefunden", sagt Schellenberg schmunzelnd. Er leitet heute das vom Vater gegründete Steuerberaterbüro im Erdgeschoss weiter. Das Obergeschoss, das die Familie bis 2009 als Wohnung nutzte, hat er an die Musicalschule einer Darstellerin des "Starlight Express" vermietet, einen kleineren Abschnitt des Erdgeschosses an ein Kosmetikstudio. .

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