Wülfrath: Bunker-Erinnerungen und der Sondermüll von gestern

Geschichte: Im Museum erinnerten sich Wülfrather an den Bunker Goethestraße.

Wülfrath. "Im ersten Stock, da waren wir damals drin, als es Bombenalarm gab." Kaum taucht das erste Foto des Bildervortrags über den Luftschutzbunker an der Goethestraße auf, erinnert sich eine Wülfrather Zeitzeugin (sie wollte namentlich nicht genannt werden) des Zweiten Weltkrieges zurück.

Auch für den 69-jährigen Erwin Kirchner sind mit dem kurz vor dem Abriss stehenden Bunker viele Erinnerungen verbunden. Genau aus diesem Grund ist der gebürtige Wülfrather, der als kleiner Junge die letzten Jahre des NS-Regimes sowie die Wülfrather Bombardierungen durch die Alliierten miterlebt hat, zur Gesprächsrunde über den Bunker in das Niederbergische Museum gekommen.

Ralph Mielke, Geschäftsführer der GWG sowie Ratsherr und Historiker Frank Homberg, Mitglied der Gesellschafterversammlung der Wohnungsbaugesellschaft, blickten in einem Vortrag in die Geschichte des Bunkers seit seinem Bau durch die Nationalsozialisten 1942 bis zu seinem Abriss am kommenden Montag. Danach wurden die Erinnerungen Erwin Kirchners noch intensiver.

"Immer wieder liefen Polizisten mit Sirenen durch die Straßen, um uns vor den Flugzeugbombardements zu warnen", sagte der Rentner und verleiht seinen Erzählungen gestenreich Ausdruck. "Wir sind sogar in Straßenkleidung ins Bett gegangen, und wenn der Alarm kam, hieß es für uns alle, um unser Leben zu einem schützenden Unterschlupf zu rennen."

Vor allem während des größten Bombardements auf Wülfrath am 26. März 1944, im Rahmen der Einkesselung des Ruhrgebietes durch die Alliierten Streitkräfte, verloren zahlreiche der insgesamt 115Bombentoten in der Stadt ihr Leben.

Neben Kellern oder Schächten war der Bunker an der Goethestraße einer der Schutzorte und wurde - im Gegensatz zu zahlreichen anderen Gebäuden - niemals getroffen. Er bot mit seinen 210 Liegestellen und 90 Sitzgelegenheiten auf drei Etagen 300Menschen Platz. "Diese Zahlen sind nicht wichtig. Wir haben uns sowieso immer hineingedrängt. Bei einigen Angriffen waren sicher mehr Menschen in dem Bunker auf wenig Platz sehr eng zusammengepfercht. Vor allem die große Angst bei den Detonationen der Fliegerbomben war damals allen Menschen gemeinsam", sagte Erwin Kirchner, der selbst "nicht einmal 300 Meter vom Bunker entfernt" in der Schulstraße wohnte.

"Nun wird am Montag mit dem abrissreifen Bunker nicht nur ein Gebäude des NS-Regimes sondern auch ein Erinnerungsträger abgerissen", sagte Frank Homberg. "Ich bin gespannt, wie der Abriss von Statten geht. Schließlich sind die Außenwände zwei Meter und die Innenwände bis zu 90 Zentimeter dick", sagte Ralph Mielke. Er hofft aber, "dass den Abrissarbeiten das Kiesbett des Bunkers zu Gute kommt". Das Kiesbett war angelegt worden, um die Wirkung der Vibrationen der Bombeneinschläge auf den Bunker gering zu halten.

Auf rund 350000 Euro schätzt Mielke die Abrisskosten, die die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft zahlen muss. 60 Arbeitstage sind vorerst veranschlagt. "Bei ersten Aufräumarbeiten sind Berge von verbuddelten Altreifen und ähnliches entdeckt worden. Der reinste Sondermüll", so der GWG-Geschäftsführer. Sogar eine alte Lkw-Achse wurde entdeckt.

Was tatsächlich auf dem Areal errichtet wird, steht noch nicht fest. Die GWG schmiedet noch Ideen. "Die Planung wird in enger Abstimmung mit der Stadt erfolgen. Schließlich muss unser Vorhaben zu den Plänen für das Rathaus-Areal passen." Alles spricht allerdings für Wohnungsbau.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort