Kulturrucksack Aus der Butterbrotdose wird ein Mischpult

In der Schule an der Dorenburg in Grefrath betreuen zwei Künstler im Rahmen des „Kulturrucksacks“ das Projekt Lichtgestaltung.

Grefrath. Die grüne Butterbrotdose auf dem Tisch hat schon lange keine Leberwurststulle mehr transportiert. Feine Drähte schimmern durchs Plastik. Wenn man die Dose aufklappt, schaut man auf ein Miniatur-Mischpult mit schwarzen Reglern, wie man es aus einem Tonstudio kennt.

Töne produziert die Dose allerdings nicht. Aber Maurice und Leon, beide 13, können mit dieser Spezial-Butterbrotdose und angeschlossenem Beamer, Laptop, Tablet und Playstation-Controller jederzeit sagen: „Es werde Licht.“ Die beiden Jungs von der Schule an der Dorenburg haben sich im Rahmen des Programms „Kulturrucksack 2015“ an ihrer Schule für das eintägige Projekt „Lichtgestalten“ angemeldet.

Die Tagtool-Künstler Matthias Plenkmann und Christian Spiess aus Dortmund und Moers sind dafür nach Grefrath gekommen und zeigen ihnen, wie man Graffiti ohne Spraydose an die Wand bringen kann. Live. Und in Farbe. Und mit Bewegung. Wow!

Leon stellt einen Regler für die Farbe und einen anderen für die Dicke eines Pinselstriches ein. Maurice zeichnet dann mit einem digitalen Stift auf die silberne Fläche seines kleinen Tablets Kreise und Kurven. Eine Computersoftware setzt sein Bild grafisch um und lässt die Zeichnung über einen angeschlossenen Beamer auf der Wand sichtbar werden. „Gucken Sie mal“, sagt Maurice und schreibt das Wort Zeitung.

Prompt steht das digitale Graffiti mit den bunten Buchstaben an der Wand. Dann nimmt Maurice den Controller in die Hand, die Steuerung, die viele Jungs in seinem Alter von der Playstation zu Hause kennen. Jetzt lässt er das Wort kreisen, größer und kleiner werden, den Schriftzug wackeln, schweben und sich um sich selbst drehen.

Die bewegte Lichtmalerei gleitet über die Wand des Klassenzimmers. Dann wird Maurice plötzlich selbst zur Lichtgestalt, wirft seinen eigenen Schatten an die Wand, als er eine Burg aus Pappe, Kleber, Papier und Schaschlikspießen, die er mit Leon gebaut hat, in den Lichtkegel des Beamers schiebt. „Etwas weiter nach rechts“, sagt Leon.

Die Buchstaben des Wortes „Zeitung“ gleiten jetzt über die Flächen und Kanten des Objekts, knicken und wellen sich darüber. Faszinierend, wie sich das Licht in doppelter Hinsicht bricht. „Das ist ein temporäres Kunstwerk“, sagt Matthias Plenkmann. Er mag diesen Mix aus analog und digital, das Gebastelte, das jetzt umflutet von Licht eine farbige Dreidimensionalität mit Schatten bekommt.

Linda, Bennet und Denise hocken noch auf dem Boden und arbeiten an ihrem Turm aus Pappe und Styropor. Cedrid, Ferat und Serhat haben ihre Burg auf Stelzen gesetzt. Sie sind gespannt, wie sich das Objekt nachher in der Farbanimation auf der Wand abhebt und spiegelt. Serhat ist Schüler der 7d. „Die wollten alle in diesen Workshop“, sagt er. Er ist so froh, dass er ausgelost wurde. „Das ist cool.“

Die Gruppe von Nic, Till und Maurice hadert noch ein wenig mit der Technik. Ihren filigranen Turm aber haben sie schon perfekt in Szene gesetzt. Sein Schatten malt sich bisher nur in einem weißen Lichtkegel ab. Es sieht aus wie ein Turm mit Kranausleger in der Abenddämmerung. Ein toller Effekt. Till ist begeistert: „Das ist besser und spannender als Kunstunterricht.“

Jetzt legen er und die anderen aber erst einmal eine kreative Pause ein. Die Zeit wollen Matthias Plenkmann (26) und Christian Spiess (27) nutzen, um die vier Tagtool-Stationen vorzubereiten und anschließend die Animation aller vier Gruppen gleichzeitig an die Wand zu werfen. „Wir machen Licht als künstlerisches Medium erlebbar“, sagt Plenkmann. Allerdings ist diese Kunst vergänglicher als ein Graffit auf der Wand.

Plenkmann: „Es geht eben mehr um den Prozess als um das Ergebnis.“ Und für die kreativen Jungs und Mädchen, die das auch oder noch einmal machen möchten, haben er und sein Kumpel Christian den Tipp zum „Do it yourself-Tagtool“ im Netz, eine Anleitung zum Selbstbau. An eine Butterbrotdose ist schließlich ranzukommen.

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